Nichtfrequenzselektives Fading mit Direktkomponente

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Kanalmodell und Rice–WDF


Die  Rayleigh–Verteilung  beschreibt den Mobilfunkkanal unter der Annahme, dass kein direkter Pfad vorhanden ist und sich somit der multiplikative Faktor  $z(t) = x(t) + {\rm j} \cdot y(t)$  allein aus diffus gestreuten Komponenten zusammensetzt.

Rice-Fading-Kanalmodell

Bei Vorhandensein einer Direktkomponente  $($englisch:  Line of Sight,  $\rm LoS)$  muss man im Modell zu den mittelwertfreien Gaußprozessen  $x(t)$  und  $y(t)$  noch Gleichkomponenten  $x_0$  und/oder  $y_0$  hinzufügen:

\[x(t) \hspace{0.1cm} \Rightarrow \hspace{0.1cm} x(t) +x_0 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} y(t) \hspace{0.1cm} \Rightarrow \hspace{0.1cm} y(t) +y_0\hspace{0.05cm},\]
\[z(t) = x(t) + {\rm j} \cdot y(t) \hspace{0.1cm} \Rightarrow \hspace{0.1cm} z(t) +z_0 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} z_0 = x_0 + {\rm j} \cdot y_0\hspace{0.05cm}.\]

Die Grafik zeigt dieses  Rice–Fading–Kanalmodell.  Als Sonderfall ergibt sich das Rayleigh–Modell, wenn man  $x_0 = y_0= 0$  setzt.


Das Rice–Fading–Modell lässt sich wie folgt zusammenfassen, siehe auch  [Hin08][1]:

  • Der Realteil  $x(t)$  ist gaußverteilt mit Mittelwert  $x_0$  und Varianz  $\sigma ^2$.
  • Der Imaginärteil  $y(t)$  ist ebenfalls gaußverteilt  $($Mittelwert  $y_0$,  gleiche Varianz  $\sigma ^2)$  sowie unabhängig von  $x(t)$.
  • Für  $z_0 \ne 0$  ist der Betrag  $|z(t)|$  riceverteilt, woraus die Bezeichnung „Rice–Fading” herrührt.
  • Zur Vereinfachung der Schreibweise setzen wir  $|z(t)| = a(t)$.  Für  $a < 0$  ist die Betrags–WDF  $f_a(a) \equiv 0$,  für  $a \ge 0$ gilt folgende Gleichung, wobei  $\rm I_0(\cdot)$  die  modifizierte Bessel–Funktion nullter Ordnung  bezeichnet:
\[f_a(a) = \frac{a}{\sigma^2} \cdot {\rm exp} \big [ -\frac{a^2 + |z_0|^2}{2\sigma^2}\big ] \cdot {\rm I}_0 \left [ \frac{a \cdot |z_0|}{\sigma^2} \right ]\hspace{0.5cm}\text{mit}\hspace{0.5cm}{\rm I }_0 (u) = {\rm J }_0 ({\rm j} \cdot u) = \sum_{k = 0}^{\infty} \frac{ (u/2)^{2k}}{k! \cdot \Gamma (k+1)} \hspace{0.05cm}.\]
  • Der Mobilfunkkanal ist um so besser für die Digitalsignalübertragung geeignet, je größer die „Direktpfadleistung”  $(|z_0|^2)$  gegenüber den Leistungen der Streukomponenten  $(2\sigma^2)$  ist.
  • Ist  $|z_0| \gg \sigma$  $($Faktor  $3$  oder mehr$)$, so kann die Rice–WDF mit guter Näherung durch eine Gaußverteilung mit Mittelwert  $|z_0|$  und Streuung  $\sigma$  angenähert werden.
  • Im Gegensatz zum Rayleigh–Fading   ⇒   $z_0 \equiv 0$  ist die Phase bei Rice–Fading nicht gleichverteilt, sondern es gibt eine Vorzugsrichtung  $\phi_0 = \arctan(y_0/x_0)$.
    Oft setzt man  $y_0 = 0$   ⇒   $\phi_0 = 0$.

Beispielhafte Signalverläufe bei Rice–Fading


Vergleich von Rayleigh-Fading (blau) und Rice-Fading (rot)

Die Grafik zeigt typische Signalverläufe und Dichtefunktionen zweier Mobilfunkkanäle:

  • Rayleigh–Fading  (blaue Kurven)  mit 
$${\rm E}\big [|z(t))|^2\big ] = 2 \cdot \sigma^2 = 1,$$
  • Rice–Fading  (rote Kurven)  mit gleichem  $\sigma$  sowie 
$$x_0 = 0.707,\ \ y_0 = -0.707.$$

Für die Erzeugung der Signalausschnitte nach obigem Modell liegt jeweils die  maximale Dopplerfrequenz  $f_\text{D, max} = 100 \ \rm Hz$  zugrunde.

Autokorrelationsfunktion  $\rm (AKF)$  und Leistungsdichtespektrum  $\rm (LDS)$  von Rayleigh und Rice unterscheiden sich bei ansonstern angepassten Parameterwerten nur geringfügig.  Es gilt:

\[\varphi_z ({\rm \Delta}t)\Bigg |_{\hspace{0.1cm}{\rm Rice}} \hspace{-0.5cm} = \varphi_z ({\rm \Delta}t)\Bigg |_{\hspace{0.1cm}{\rm Rayleigh}} \hspace{-0.8cm} + |z_0|^2 \hspace{0.05cm},\]
\[ {\it \Phi}_z(f_{\rm D})\Bigg |_{\hspace{0.1cm}{\rm Rice}} \hspace{-0.5cm} = {\it \Phi}_z(f_{\rm D})\Bigg |_{\hspace{0.1cm}{\rm Rayleigh}} \hspace{-0.8cm} + |z_0|^2 \cdot \delta (f_{\rm D}) \hspace{0.05cm}.\]

Berücksichtigt ist, dass die Spektraldarstellung eines Gleichanteils zu einer Diracfunktion führt.

Zu dieser Grafik ist anzumerken:

  • Die Realteile  $x(t)$  von Rayleigh (blau) und Rice (rot) unterscheiden sich durch die Konstante  $x_0 = 0.707$.  Die statistischen Eigenschaften sind ansonsten gleich:   Gaußsche WDF  $f_x(x)$  mit Streuung  $\sigma = 0.707$, entweder mittelwertfrei (Rayleigh) oder mit Mittelwert  $x_0$  (Rice).
  • Im Imaginärteil  $y(t)$  erkennt man bei Rice zusätzlich die Gleichkomponente  $y_0 = -0.707$.  Die (hier nicht dargestellte) WDF  $f_y(y)$  ist somit eine Gaußkurve mit der Streuung  $\sigma = 0.707$  um den Mittelwert  $ y_0 = -0.707$, also achsensymmetrisch zur skizzierten WDF  $f_x(x)$.
  • Die (logarithmische) Betragsdarstellung   ⇒   $a(t) =|z(t)|$ zeigt, dass die rote Kurve meist oberhalb der blauen liegt.  Dies ist auch aus der WDF  $f_a(a)$  ablesbar.
  • Beim Rice–Kanal ist die Fehlerwahrscheinlichkeit unter Berücksichtigung von AWGN–Rauschen niedriger als bei Rayleigh, da der Empfänger über den Rice–Direktpfad viel nutzbare Energie erhält.
  • Die WDF  $f_\phi(\phi)$  zeigt den Vorzugswinkel  $\phi \approx -45^\circ$  des vorliegenden Rice–Kanals.  Der komplexe Faktor  $z(t)$  befindet sich wegen  $x_0 > 0$  und  $y_0 < 0$  großteils im vierten Quadranten, während beim Rayleigh–Kanal alle Quadranten gleichwahrscheinlich sind.

Aufgaben zum Kapitel


Aufgabe 1.6: AKF und LDS bei Rice–Fading

Aufgabe 1.6Z: Rayleigh und Rice im Vergleich

Aufgabe 1.7: WDF des Rice–Fadings

Quellenverzeichnis

  1. Hindelang, T.:  Mobile Communications.  Vorlesungsmanuskript.  Lehrstuhl für Nachrichtentechnik,  TU München, 2008.