Die Charakteristika von GSM

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Systemarchitektur und Basiseinheiten von GSM


GSM (Global System for Mobile Communication) ist ein stark hierarchisch gegliedertes System verschiedener Netzkomponenten. Aus der Grafik erkennt man:

  • Die Mobilstation (MS) kommuniziert über die Funkschnittstelle mit der nächstgelegenen Base Transceiver Station (BTS, Sende– und Empfangsbasisstation).
  • Mehrere solcher BTS werden gebietsweise zusammengefasst und sind gemeinsam einem Base Station Controller (BSC, Kontrollstation) unterstellt.
  • Das Base Station Subsystem (BSS) besteht aus einer Vielzahl von BTS und mehreren BSC. In der Grafik ist ein solches BSS blau umrandet.
  • Jeder BSC ist mit einem Mobile Switching Center (MSC, Vermittlungsrechner) verbunden, dessen Funktion mit einem Vermittlungsknoten im Festnetz vergleichbar ist.
  • Das Gateway Mobile Switching Center (GMSC) ist für die Verbindung zwischen Fest– und Mobilfunknetz zuständig. Wird zum Beispiel ein Mobilfunkteilnehmer aus dem Festnetz angerufen, so ermittelt das GMSC das zuständige MSC und vermittelt den Ruf weiter.
  • Das Operation and Maintenance Center (OMC) überwacht einen Teil des Mobilfunknetzes. Daneben übernimmt es auch organisatorische Aufgaben wie Steuerung des Verkehrsflusses, Gebührenerfassung, Sicherheitsmanagement, usw..
GSM–Systemarchitektur

Genauere Informationen zur GSM–Systemarchitektur und zu den einzelnen Netzkomponenten finden Sie im Kapitel 3.1 des Buches „Beispiele von Nachrichtensystemen”.

Vielfachzugriff bei GSM


Bei GSM werden zwei Vielfachzugriffsverfahren parallel verwendet:

  • Frequenzmultiplex (Frequency Division Multiple Access, FDMA), und
  • Zeitmultiplex (Time Division Multiple Access, TDMA).

Realisierung von FDMA und TDMA bei GSM 900

Die Grafik und die folgende Beschreibung gilt für das ursprüngliche System GSM 900 (D–Netz). Für GSM/DCS 1800 (E–Netz) gelten vergleichbare Aussagen.

  • Im D–Netz werden für Uplink und Downlink jeweils eine Bandbreite von 25 MHz bereit gestellt (Duplexabstand: 45 MHz). Man spricht von Frequency Division Duplex (FDD). Beim E–Netz beträgt die Bandbreite jeweils 75 MHz und der Duplexabstand ist 95 MHz.
  • Uplink– und Downlinkband werden in Frequenzbänder der Breite 200 kHz unterteilt. Unter Berücksichtigung von Schutzbereichen an den jeweiligen Rändern stehen somit NF = 124 (D–Netz) bzw. N = 374 (E–Netz) Frequenzkanäle zur Verfügung.
  • Jeder Zelle wird eine Teilmenge dieser Frequenzen zugewiesen  ⇒  Cell Allocation. Benachbarte Zellen arbeiten meist bei unterschiedlichen Frequenzen, zum Beispiel mit dem Reuse–Faktor 3, wie im Kapitel 3.2 durch die Farben Weiß, Gelb und Blau angedeutet.
  • Die 124 GSM–Frequenzkanäle werden durch Zeitmultiplex (TDMA) weiter unterteilt. Jeder FDMA–Kanal wird in so genannte TDMA–Rahmen aufgeteilt, die ihrerseits jeweils NT = 8 Zeitschlitze (Time–Slots) umfassen.
  • Die Slots werden periodisch den einzelnen GSM–Nutzern zugeordnet und beinhalten jeweils einen sog. Burst. Jedem Nutzer steht in jedem TDMA–Rahmen ein Zeitschlitz zur Verfügung. Eine Bündelung (maximal 6 pro User) ist nur bei GPRS/EDGE möglich.
  • Die TDMA–Rahmen des Uplinks werden gegenüber denen des Downlinks um drei Slots verzögert gesendet: Time Division Duplex (TDD). Die Hardware der Mobilstation kann somit gleichermaßen zum Senden und Empfangen einer Nachricht verwendet werden.

Daten– und Rahmenstruktur bei GSM


Durch die GSM–Rahmenstruktur erfolgt die Abbildung der logischen Kanäle auf physikalische Kanäle. Hier beschränken wir uns auf Verkehrskanäle und auf die Abbildung in der Zeit. In diesem Fall wird jeder Multiframe von 120 ms Dauer in 26 TDMA–Rahmen (davon zwei für Kontrollkanäle) der Dauer 4.615 ms unterteilt. Damit ergibt sich für die Dauer eines Zeitschlitzes näherungsweise TZ = 577 μs.

Daten– und Rahmenstruktur bei GSM

Weiter erkennt man aus der Grafik:

  • In jedem Zeitschlitz wird ein so genannter Burst übertragen, dessen Zeitdauer einheitlich 156.25 Bitdauern entspricht. Daraus folgt für die Bitdauer TB = 576.9 μs/156.25 ≈ 3.692 μs und für die Gesamt–Bruttodatenrate
\[R_{\rm ges} = \frac{1}{T_{\rm B}}= 270.833\,{\rm kbit/s}\hspace{0.05cm}.\]
  • Die Bruttodatenrate eines jeden Nutzers beträgt somit RBrutto = 33.854 kbit/s. Da in jedem Normal Burst aber nur 2 · 57 = 114 Datenbit (in der Grafik blau hinterlegt) übertragen werden, ergibt sich für die Nettodatenrate mit RNetto = 22.8 kbit/s ein kleinerer Wert.
  • Diese Nettodatenrate berücksichtigt auch die Kanalcodierung. Bei einem Sprachsignal werden pro Sprachrahmen von 20 ms Dauer 456 Bit übertragen, woraus sich genau die Rate 22.8 kbit/s ergibt. Ohne Kanalcodierung wäre die Datenrate nur 13 kbit/s.
  • Neben den Verkehrsdaten enthält ein Normal Burst noch zweimal drei Tailbits (rot, in dieser Zeit wird der Kanal neu vermessen), zwei Signalisierungsbits (grün), 26 Bit für die Trainingssequenz (erforderlich für die Kanalschätzung und Synchronisation) sowie die Guard Period (GP) mit 8.25 Bitdauern (grau, ca. 30.5 μs), wodurch sich die Datenrate von 22.8 auf 33.854 kbit/s erhöht.

Anzumerken ist, dass bei GSM neben dem Normal Burst auch noch andere Arten von Bursts (Frequency Correction Burst, Synchronization Burst, Dummy Burst, Access Burst) eine Rolle spielen. Alle haben eine einheitliche Länge von 156.25 Bitdauern. Hierauf wird in der Aufgabe A3.2 genauer eingegangen.

Modulationsverfahren bei GSM (1)


Bei GSM steht pro Frequenzkanal lediglich eine Bandbreite von B = 200 kHz zur Verfügung, worin eine Gesamtdatenrate (für 8 Nutzer) von Rges ≈ 270 kbit/s übertragen werden muss. Man benötigt deshalb ein Modulationsverfahren mit einer Bandbreiteneffizienz

\[\beta \ge \frac{R_{\rm ges}}{B} \approx 1.35 \,\,{\rm bit/s/Hz}.\]

GSM verwendet das sehr bandbreiteneffiziente Modulationsverfahren Gaussian Minimum Shift Keying (GMSK). Es sei nochmals ausdrücklich erwähnt, dass sich dieses Modulationsverfahren ebenso wie der FDMA/TDMA–Vielfachzugriff ausschließlich auf die Funkschnittstelle zwischen der Mobile Station (MS) und der Base Transceiver Station (BTS) bezieht, die in der Systemarchitektur–Grafik zu Beginn des Kapitels durch gelbe Hinterlegung hervorgehoben ist.

GMSK wurde bereits im Kapitel 4.4 des Buches „Modulationsverfahren” beschrieben. Hier werden nur die wesentlichen Eigenschaften kurz zusammengefasst.

  • GMSK ist eine Sonderform von binärem Frequency Shift Keying (FSK). Voraussetzung für die Orthogonalität zwischen den beiden Signalformen ist, dass der Modulationsindex h ein Vielfaches von 0.5 ist. Für ganzzahlige Werte von h kann die Demodulation auch nichtkohärent erfolgen.
  • Bei GSM verwendet man den kleinstmöglichen Modulationsindex h = 0.5. Ein größerer Wert würde eine deutlich größere Bandbreite beanspruchen. Eine solche FSK mit h = 0.5 nennt man auch Minimum Shift Keying (MSK). Allerdings ist dann eine kohärente Demodulation erforderlich.
  • Ein sehr schmales Spektrum ergibt sich allerdings erst dann, wenn die Phasenwerte an den Symbolgrenzen aneinander angepasst und dadurch Phasensprünge vermieden werden, was bei MSK gegeben ist. Man bezeichnet solche Verfahren als Phase Frequency Shift Keying (CP–FSK).
  • Bei GSM wird vor dem Frequenzmodulator noch ein Tiefpass mit Gauß–Charakteristik eingefügt ⇒ Gaussian Minimum Shift Keying (GMSK), wodurch die Bandbreite weiter verringert und die Bandbreiteneffizienz verbessert wird.

Hinsichtlich der hier behandelten Thematik (kohärente bzw. nichtkohärente Demodulation von FSK) verweisen wir auf folgende Aufgaben im Buch „Digitalsignalübertragung”:

  • Aufgabe A4.16: Binary Frequency Shift Keying (Kapitel 4.4),
  • Aufgabe Z4.18: FSK kohärent/nichtkohärent (Kapitel 4.5).

Modulationsverfahren bei GSM (2)


Blockschaltbild und Signale bei GMSK

Die obige Grafik soll die Aussagen der letzten Seite verdeutlichen.

  • Ausgehend von einem diracförmigen Quellensignal qδ(t) am Punkt (1) kommt man durch ein Filter mit der rechteckförmigen Impulsantwort gR(t) zum Rechtecksignal qR(t) am Punkt (2).
  • Würde man auf den Gaußtiefpass mit der Impulsantwort hG(t) verzichten ⇒ qG(t) = qR(t), so ergäbe sich am Punkt (4) eine abschnittsweise lineare Phasenfunktion ϕ(t). Bei allen Vielfachen der Symboldauer T wären damit alle Phasenwerte Vielfache von π/2.
  • Nach dem Phasenmodulator würde dann am Punkt (5) ein binäres FSK–Signal s(t) mit nur zwei Frequenzen auftreten. Aufgrund des bei Orthogonalität minimalen Modulationsindex h = 0.5 ist s(t) gleichzeitig ein MSK–Signal.
  • Durch den Gaußtiefpass HG(f) mit der Grenzfrequenz fG = 0.45/T (gültig für GSM) ist der Frequenzimpuls g(t) nicht mehr rechteckförmig, sondern entspricht der Rechteckantwort von HG(f). Nach den Gesetzen der Fouriertransformation gilt g(t) = gR(t) ∗ hG(t).
  • Somit steigt die Phasenfunktion ϕ(t) nicht mehr abschnittsweise linear an oder fällt linear ab, sondern die Ecken sind abgerundet, wie aus dem Signalverlauf am Punkt (4) zu ersehen ist. Die violett–gepunktete Kurve gilt für die am Punkt (1) angenommene Datenfolge.
  • Das GMSK–Signal s(t) beinhaltet nun deutlich mehr als nur zwei diskrete Frequenzen und das Leistungsdichtespektrum fällt schneller ab, wie das Diagramm im Buch „Beispiele von Nachrichtensystemen” zeigt. Aus der obigen Zeitdarstellung des Sendesignals s(t) am Punkt (5) des Blockschaltbildes ist dieser Sachverhalt allerdings nur schwer zu erkennen.

GSM–Erweiterungen


GSM wurde als europäisches Mobilfunksystem für Telefongespräche konzipiert und entwickelt mit der Zusatzoption der Datenübertragung, aber nur mit geringer Datenrate (9.6 kbit/s). Die Standardisierung der GSM–Phase 2 ab 1995 beinhalteten aber bereits erste Weiterentwicklungen und einige neue, bereits von ISDN bekannte und von den Nutzern geschätzte Zusatzdienste.

In den Jahren von 1997 bis 2000 wurden neue Datendienste mit höheren Bitraten entwickelt, die man der GSM–Phase 2+ (bzw. 2.5) zurechnet:

  • High–Speed Circuit–Switched Data (HSCSD) bietet bei ausreichend gutem Kanal durch eine höhere Coderate (Punktierung des Faltungscodes) eine leitungsorientierte Übertragung mit 14.4 kbit/s (gegenüber 9.6 kbit/s). Es ermöglicht zudem eine Kanalbündelung durch die Kombination mehrerer Zeitschlitze  ⇒  „Multislot Capability”. Bei einer Bündelung von vier Zeitschlitzen kommt man so auf eine maximale Übertragungsrate von 57.6 kbit/s.
  • General Packet Radio Service (GPRS) ermöglicht die Kommunikation mit anderen Netzen wie etwa dem Internet oder firmeninternen Intranets. Es ist paketorientiert (statt leitungsorientiert) und unterstützt viele Datenübertragungsprotokolle, zum Beispiel das Internet Protocol (IP), X.25 und Datex–P. Die Gebühren ergeben sich bei GPRS nicht aus der Verbindungsdauer, sondern aus der übertragenen Datenmenge. Ein GPRS–Nutzer profitiert von den kürzeren Zugriffszeiten und der höheren Datenrate bis 21.4 kbit/s. Durch die Bündelung von sechs Zeitschlitzen erreicht man so maximal 128.4 kbit/s.
  • Enhanced Data Rates for GSM Evolution (EDGE) benutzt neben dem GSM–Standard GMSK als weiteres Modulationsverfahren 8–PSK, so dass mit jedem Symbol drei Datenbits übertragen werden und auf diese Weise die Datenrate (theoretisch) verdreifacht werden kann.

Bei der Kombination aus GPRS und EDGE – man spricht dann von E–GPRS – gibt es neun verschiedene Modulation and Coding Schemes (MCS), zwischen denen der Betreiber wählen kann:

  • mit GMSK– oder 8–PSK–Modulation,
  • resultierende Coderaten zwischen 0.37 und 1, sowie
  • Datenraten zwischen 8.8 (für MCS–1) und 59.2 kbit/s (für MCS–9).

In der Praxis maximal anwendbar sind allerdings MCS–8 (54.4 kbit/s) und sieben Zeitschlitze. Damit erreicht man immerhin 380.8 kbit/s und damit die Größenordnung von UMTS (384 kbit/s).

Erwähnt werden soll noch EDGE Evolution oder „Evolved EDGE”, also die Weiterentwicklung der Weiterentwicklung von GSM. Hierfür werden von den Entwicklern Datenraten bis zu 1 Mbit/s und halbierte Latenzzeiten (10 ms statt 20 ms) angegeben. Man erreicht diese Werte unter Anderem durch 32–QAM– oder 16–QAM–Modulation anstelle von 8–PSK und eine verbesserte Fehlerkorrektur durch den Einsatz von Turbo–Codes. Außerdem wurde die Symbolrate von 270.833 ksymbol/s um 20% auf 325 ksymbol/s erhöht.

Aufgaben


A3.5 GMSK–Modulation

Zusatzaufgaben:3.5 GSM–Netzkomponenten