Lineare zeitinvariante Systeme/Systembeschreibung im Zeitbereich: Unterschied zwischen den Versionen

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==Impulsantwort==
 
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Im Kapitel 3  von Buch „Signaldarstellung” wurde dargelegt, dass für jedes deterministische Signal $x(t)$ mit Hilfe der Fouriertransformation eine Spektralfunktion $X(f)$ angegeben werden kann. Oft bezeichnet man $X(f)$ auch kurz als das Spektrum.  
 
Im Kapitel 3  von Buch „Signaldarstellung” wurde dargelegt, dass für jedes deterministische Signal $x(t)$ mit Hilfe der Fouriertransformation eine Spektralfunktion $X(f)$ angegeben werden kann. Oft bezeichnet man $X(f)$ auch kurz als das Spektrum.  

Version vom 18. Mai 2016, 16:54 Uhr

Impulsantwort

Im Kapitel 3 von Buch „Signaldarstellung” wurde dargelegt, dass für jedes deterministische Signal $x(t)$ mit Hilfe der Fouriertransformation eine Spektralfunktion $X(f)$ angegeben werden kann. Oft bezeichnet man $X(f)$ auch kurz als das Spektrum.

Alle Informationen über die Spektralfunktion bleiben auch in der Zeitbereichsdarstellung erhalten, wenn auch nicht immer sofort erkennbar. Der gleiche Sachverhalt trifft für lineare zeitinvariante Systeme zu.

Die wichtigste Beschreibungsgröße eines linearen zeitinvarianten Systems im Zeitbereich ist die Fourierrücktransformierte von $H(f)$, die man als die Impulsantwort bezeichnet: $$h(t) = \int_{-\infty}^{+\infty}H(f) \cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}{\rm j}2\pi ft}\hspace{0.15cm} {\rm d}f.$$


Hierzu ist Folgendes anzumerken:

  • Der Frequenzgang $H(f)$ und die Impulsantwort $h(t)$ sind äquivalente Beschreibungsgrößen, die genau die gleichen Informationen über das LZI–System beinhalten.
  • Verwendet man das diracförmige Eingangssignal $x(t) = δ(t)$, so ist $X(f) = 1$ zu setzen und es gilt $Y(f) = H(f)$ bzw. $y(t) = h(t)$. Die Bezeichnung Impulsantwort spiegelt diese Aussage wieder.
  • Die obige Definition lässt erkennen, dass jede Impulsantwort die Einheit Hz = $1/s$ besitzen muss.


Die Impulsantwort $h(t)$ des so genannten Spalt–Tiefpasses ist über eine Zeitdauer $T$ hinweg konstant und außerhalb dieses Zeitintervalls gleich 0. Der dazugehörige Amplitudengang als der Betrag des Frequenzgangs ist $|H(f)| = |si(πfT)|$. Der Phasenverlauf ergibt sich damit zu $$b(f) = \left\{ \begin{array}{l} \hspace{0.25cm}\pi/T \\ -\pi/T \\ \end{array} \right.\quad \quad\begin{array}{*{20}c} {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ \end{array}\begin{array}{*{20}c}{\left| \hspace{0.05cm} f\hspace{0.05cm} \right| > 0,} \\{\left|\hspace{0.05cm} f \hspace{0.05cm} \right|< 0.} \\\end{array}$$ Wäre $h(t)$ symmetrisch um $t$ = 0 und damit akausal, so würde $b(f)$ = 0 gelten.

Rechteckförmige Impulsantwort und zugehöriges Betragsspektrum

Die Fläche über die Impulsantwort ist gleich $H(f = 0)$ = 1. Daraus folgt, dass die Impulsantwort im Bereich von 0 bis $T$ gleich $1/T$ sein muss.

Einige Gesetze der Fourier–Transformation

Im Kapitel 3.3 des Buches „Signaldarstellung” wurden die Gesetzmäßigkeiten der Fouriertransformation ausführlich dargelegt. Hier folgt nun eine kurze Zusammenfassung, wobei $H(f)$ den Frequenzgang eines LZI–Systems beschreibt und dessen Fourierrücktransformierte $h(t)$ die Impulsantwort angibt.

Bei allen folgenden Gleichungen wird das Kurzsymbol der Fouriertransformation benutzt. Der ausgefüllte Kreis kennzeichnet stets den Spektralbereich und der weiße Kreis den Zeitbereich.

  • Multiplikation mit einem konstanten Faktor:

$$k \cdot H(f)\bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\,k \cdot h(t).$$

Bei $k$ < 1 spricht man von einer Dämpfung, während $k$ > 1 für eine Verstärkung steht.
  • Ähnlichkeitssatz:

$$H({f}/{k})\bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\,|k| \cdot h(k\cdot t).$$

Dies besagt: Eine Stauchung ($k$ < 1) des Frequenzgangs führt zu einer breiteren und niedrigeren Impulsantwort. Durch Streckung ($k$ > 1) von $H(f)$ wird $h(t)$ schmaler und höher.
  • Verschiebungssatz im Frequenz- und Zeitbereich:

$$H(f - f_0) \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\, h( t )\cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}{\rm j}2\pi f_0 t},$$ $$H(f) \cdot {\rm e}^{-{\rm j}2\pi ft_0}\bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\, h( t- t_0 ).$$

Eine Verschiebung um $t_0$ (Laufzeit) führt also im Frequenzbereich zu der Multiplikation mit einer komplexen Exponentialfunktion. Der Amplitudengang $|H(f)|$ wird dadurch nicht verändert.
  • Differentiationssatz im Frequenz- und Zeitbereich:

$$\frac{1}{{{\rm j}2\pi }} \cdot \frac{{{\rm d}H( f )}}{{{\rm d}f}}\cdot \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\,- t \cdot h( t ),$$ $${\rm j}\cdot 2\pi f \cdot H( f ){}\bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\, \frac{{{\rm d}h( t )}}{{\rm d}t}.$$

Ein differenzierendes Element im LZI–System führt im Frequenzbereich zu einer Multiplikation mit $j2πf$ und damit unter Anderem zu einer Phasendrehung um 90°.

Diese Gesetzmäßigkeiten werden in den Aufgaben zu den Kapiteln 1.2 und 1.3 häufiger angewendet.

Kausale Systeme

Die Grafik verdeutlicht den Unterschied zwischen einem akausalen und einem kausalen System.

Akausales und kausales System

Ein LZI–System bezeichnet man dann als kausal, wenn die Impulsantwort $h(t)$ – also die Fourierrücktransformierte des Frequenzgangs $H(f)$ – folgende Bedingung erfüllt: $$h(t) = 0 \hspace{0.15cm}{\rm f\ddot{u}r}\hspace{0.15cm} t < 0.$$


Das obige Bild lässt erkennen, dass nach dieser Definition das System B kausal ist im Gegensatz zum System A. Weiter ist anzumerken:

  • Jedes realisierbare System ist kausal. Beim System A beginnt die Wirkung früher (bei $t$ = –$T$) als die Ursache (Diracfunktion bei $t$ = 0), was natürlich in der Praxis nicht möglich ist.
  • Fast alle akausalen Systeme lassen sich unter Verwendung einer Laufzeit $\tau$ in ein realisierbares kausales System überführen. Zum Beispiel gilt mit $\tau$ = $T$:

$$h_{\rm B}(t) = h_{\rm A}(t - T).$$

  • Für kausale Systeme gelten alle in diesem Kapitel getroffenen Aussagen ebenso wie für akausale Systeme. Zur Beschreibung kausaler Systeme lassen sich jedoch einige spezifische Eigenschaften nutzen, wie im Kapitel 3 dieses Buches ausgeführt wird.
  • In diesem und dem nächsten Kapitel betrachten wir vorwiegend akausale Systeme, da deren mathematische Beschreibung anschaulicher ist. So ist der Frequenzgang $H_{\rm A}(f)$ reell, während für $H_{\rm B}(f)$ der zusätzliche Term ${\rm exp(–j2}πfT)$ zu berücksichtigen ist.

Berechnung des Ausgangssignals

Wir betrachten die folgende Aufgabenstellung: Bekannt sei das Eingangssignal $x(t)$ und der Frequenzgang $H(f)$. Gesucht ist das Ausgangssignal $y(t)$.

Zur Ermittlung der Ausgangsgrößen eines LZI–Systems

Soll die Lösung im Frequenzbereich erfolgen, so muss zunächst aus dem gegebenen Eingangssignal $x(t)$ durch Fouriertransformation das Spektrum $X(f)$ ermittelt und mit dem Frequenzgang $H(f)$ multipliziert werden. Durch Fourierrücktransformation des Produktes kommt man zum gesuchten Signal $y(t)$: $${\rm 1.\,\, Schritt:}\hspace{0.5cm} X(f)\bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\, x( t )\hspace{2.05cm}{\rm Eingangsspektrum},$$ $${\rm 2.\,\, Schritt:}\hspace{0.5cm}Y(f)= X(f) \cdot H(f) \hspace{1.32cm}{\rm Ausgangsspektrum},$$ $${\rm 3.\,\, Schritt:}\hspace{0.5cm} y(t)\circ\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\bullet\, Y(f )\hspace{2.05cm}{\rm Ausgangssignal}.$$


Zum gleichen Ergebnis kommt man nach der Berechnung im Zeitbereich, indem man zunächst aus dem Frequenzgang $H(f)$ mittels Fourierrücktransformation die Impulsantwort $h(t)$ berechnet und anschließend die Faltungsoperation anwendet: $$y(t) = x (t) * h (t) = \int_{ - \infty }^{ + \infty } {x ( \tau )} \cdot h ( {t - \tau } ) \hspace{0.1cm}{\rm d}\tau.$$ Die Ergebnisse sind bei beiden Vorgehensweisen identisch. Zweckmäßigerweise sollte man dasjenige Verfahren auswählen, das mit weniger Rechenaufwand zum Ziel führt.

Am Eingang eines Spalt–Tiefpasses (siehe Beispiel auf der ersten Seite dieses Kapitels) mit rechteckförmiger Impulsantwort der Breite $T$ liegt ein Rechteckimpuls $x(t)$ der Dauer $2T$ an.

Trapezförmiger Ausgangsimpuls, da x(t) und h(t) rechteckförmig sind

In diesem Fall ist die direkte Berechnung im Zeitbereich günstiger: Die Faltung zweier unterschiedlich breiter Rechtecke $x(t)$ und $h(t)$ führt zum trapezförmigen Ausgangsimpuls $y(t)$:

  • Man erkennt die Tiefpasseigenschaft des Filters an der endlichen Flankensteilheit von $y(t)$.
  • Die Impulshöhe 3 V bleibt in diesem Beispiel erhalten, weil $H(f = 0) = 1/T · T = 1$ ist.

Sprungantwort (1)

Eine in der Praxis oft verwendete Eingangsfunktion $x(t)$ zur Messung von $H(f)$ ist die Sprungfunktion $${\rm \gamma}(t) = \left\{ \begin{array}{l} \hspace{0.25cm}0 \\ 0.5 \\ \hspace{0.25cm} 1 \\ \end{array} \right.\quad \quad\begin{array}{*{20}c} {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}}\\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ \end{array}\begin{array}{*{20}c}{\left| \hspace{0.05cm} t\hspace{0.05cm} \right| < 0,} \\ {\left| \hspace{0.05cm}t\hspace{0.05cm} \right| = 0,} \\ {\left|\hspace{0.05cm} t \hspace{0.05cm} \right| > 0.} \\ \end{array}$$

Die Sprungantwort $\sigma(t)$ ist die Antwort des Systems, wenn man an den Eingang die Sprungfunktion $\gamma(t)$ anlegt: $$x(t) = {\rm \gamma}(t)\hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.5cm} y(t) = {\rm \sigma}(t).$$


Die Berechnung im Frequenzbereich ist etwas umständlich; man muss folgende Gleichung anwenden: $${\rm \sigma}(t)\circ\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\bullet\, X(f ) \cdot H(f) =\left(\frac{1}{2}\cdot \delta(f) + \frac{1}{{\rm j}\cdot 2\pi f} \right) \cdot H(f).$$

Die Berechnung im Zeitbereich führt dagegen direkt zum Ergebnis: $${\rm \sigma}(t) = \int_{ - \infty }^{ t } {h ( \tau )} \hspace{0.1cm}{\rm d}\tau.$$

Bei kausalen Systemen gilt $h(\tau)$ = 0 für $\tau$ < 0, so dass die untere Integrationsgrenze in obiger Gleichung dann zu 0 gesetzt werden kann.

Das genannte Ergebnis ist auch aus folgendem Grunde einsichtig: Die Sprungfunktion $\gamma(t)$ hängt mit der Diracfunktion $\delta(t)$ wie folgt zusammen: $${\rm \gamma}(t) = \int_{ - \infty }^{ t } {\delta ( \tau )} \hspace{0.1cm}{\rm d}\tau.$$ Da wir Linearität vorausgesetzt haben und die Integration eine lineare Operation darstellt, gilt auch für das Ausgangssignal $\sigma(t)$ der entsprechende Zusammenhang entsprechend der vorletzten Gleichung.

Sprungantwort (2)

Die Grafik verdeutlicht den Sachverhalt für eine rechteckförmige Impulsantwort $h(\tau)$. Die Abszisse wurde in $\tau$ umbenannt. Blau eingezeichnet ist die Sprungfunktion $\gamma(\tau)$.

Zur Berechnung der Sprungantwort bei rechteckförmiger Impulsantwort

Durch Spiegelung und Verschiebung erhält man die rot gestrichelt eingezeichnete Funktion $\gamma(t – \tau)$. Die rot hinterlegte Fläche gibt somit die Sprungantwort $\sigma(\tau)$ zum Zeitpunkt $\tau$ = t an.