Aufgabe 4.5: 2D-Prüfungsauswertung

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Betrachtete Gaußsche 2D-WDF $f_{tp}(t,p)$

In einer Studie wurden die Meisterprüfungen für das Handwerk untersucht, die sich stets aus einem theoretischen und zusätzlich einem praktischen Teil zusammensetzen. In der Grafik bezeichnet

  • $t$  die Punktzahl in der theoretischen Prüfung,
  • $p$  die Punktzahl in der praktischen Prüfung.


Beide Zufallsgrößen ($t$ und $p$) sind dabei jeweils auf die Maximalpunktezahlen normiert und können deshalb nur Werte zwischen $0$ und $1$ annehmen.

Beide Zufallsgrößen sind zudem als kontinuierliche Zufallsgrößen zu interpretieren, das heißt:   $t$ und $p$ sind nicht auf diskrete Zahlenwerte beschränkt.

  • Die Grafik zeigt die WDF $f_{tp}(t, p)$ der zweidimensionalen Zufallsgröße $(t, p)$, die nach der Auswertung von insgesamt $N = 10\hspace{0.05cm}000$ Abschlussarbeiten veröffentlicht wurde.
  • Diese Funktion wurde mit Hilfe eines Auswertungsprogramms empirisch wie folgt angenähert:
$$f_{tp}(t,p) = \rm 13.263\cdot \rm exp \Bigg\{-\frac{(\it t - \rm 0.5)^{\rm 2}}{\rm 0.0288}-\frac{(\it p-\rm 0.7)^{\rm 2}}{\rm 0.0072} + \frac{(\it t-\rm 0.5)(\it p-\rm 0.7)}{\rm 0.0090}\Bigg\}.$$



Hinweise:

Teil 1:   Gaußsche Zufallsgrößen ohne statistische Bindungen,
Teil 2:   Gaußsche Zufallsgrößen mit statistischen Bindungen.


Fragebogen

1

Wie groß ist der Mittelwert $m_t$ der im Theorieteil erzielten Ergebnisse?

$m_t \ = \ $

2

Wie groß ist der Mittelwert $m_p$ der im Praxisteilteil erzielten Ergebnisse? Geben Sie auch die WDF der mittelwertfreien Zufallsgröße $(t\hspace{0.05cm}', p\hspace{0.05cm}')$ an.

$m_p \ = \ $

3

Berechnen Sie die Streuungen (Standardabweichungen) $\sigma_t$ und $\sigma_p$ sowie den Korrelationskoeffizienten $\rho$ zwischen den beiden Größen an.

$\sigma_t \ = \ $

$\sigma_p \ = \ $

$\rho \ = \ $

4

Welche der folgenden Aussagen sind zutreffend?

Der Gauß-Ansatz ist für dieses Problem nur eine Näherung.
War ein Prüfling im Theoretieteil überdurchschnittlich gut, so ist zu erwarten, dass er in der Praxis eher schlecht ist.

5

Mit welcher Wahrscheinlichkeit hat ein Teilnehmer in der Theorie– und der Praxis–Prüfung jeweils zwischen $49\%$ und $51\%$ der Punkte erreicht?

${\rm Pr}\big [(0.49 ≤ t ≤0.51)∩(0.49≤ p ≤0.51)\big]\ = \ $

$\ \cdot 10^{-5}$


Musterlösung

(1)  und (2) 

  • Die Mittelwerte $m_t\hspace{0.15cm}\underline{= 0.5}$ und $m_p\hspace{0.15cm}\underline{= 0.7}$ können aus der Skizze abgeschätzt und aus der angegebenen Gleichung exakt ermittelt werden.
  • Die 2D–WDF der mittelwertfreien Größe lautet:
$$f_{\it t\hspace{0.05cm}'\hspace{0.05cm}p\hspace{0.05cm}'}(\it t\hspace{0.05cm}', \it p\hspace{0.05cm}'{\rm )} = \rm 13.263\cdot \rm exp\Bigg (-\frac{\it {\rm (}t\hspace{0.05cm}'{\rm )}^{\rm 2}}{\rm 0.0288} - \frac{\it {\rm (}p\hspace{0.05cm}'{\rm )}^{\rm 2}}{\rm 0.0072}+\frac{\it t\hspace{0.05cm}'\cdot p\hspace{0.05cm}'}{\rm 0.0090}\Bigg ). $$
  • Zur Vereinfachung wird im Folgenden auf den Apostroph zur Kennzeichnung mittelwertfreier Größen verzichtet. Sowohl $t$ als auch $p$ sind bis einschließlich der Teilaufgabe (4) als mittelwertfrei zu verstehen.


(3)  Die allgemeine Gleichung einer mittelwertfreien 2D-Zufallsgröße lautet:

$$f_{\it tp}(\it t, \it p)=\frac{\rm 1}{\rm 2\it \pi \cdot \sigma_{\it t}\cdot \sigma_{\it p} \cdot\sqrt{\rm 1- \it\rho^{\rm 2}}}\hspace{0.1cm}\cdot \hspace{0.1cm}\rm exp\Bigg\{-\hspace{0.1cm}\frac{\it t^{\rm 2}}{\rm 2\cdot (\rm 1-\rho^{\rm 2})\cdot \sigma_{\it t}^{\rm 2}} -\hspace{0.1cm}\frac{\it p^{\rm 2}}{\rm 2\cdot (\rm 1-\it\rho^{\rm 2}{\rm )}\cdot \sigma_{\it p}^{\rm 2}}+\hspace{0.1cm}\frac{\rho\cdot \it t\cdot \it p}{ (\rm 1-\it \rho^{\rm 2}{\rm )}\cdot\sigma_{\it t}\cdot\sigma_{\it p}}\Bigg\}.$$

Die Standardabweichungen $\sigma_t$ und $\sigma_p$ sowie der Korrelationskoeffizient $\rho$ lassen sich durch Koeffizientenvergleich ermitteln:

  • Ein Vergleich der beiden ersten Terme im Exponenten zeigt, dass $\sigma_t = 2 \cdot \sigma_p$ gelten muss. Damit lautet die WDF:
$$f_{\it tp}(\it t, \it p)=\frac{\rm 1}{\rm 4\it \pi \cdot \sigma_{\it p}^{\rm 2} \cdot\sqrt{\rm 1- \it\rho^{\rm 2}}}\hspace{0.1cm}\cdot \hspace{0.1cm}\rm exp\Bigg\{-\hspace{0.1cm}\frac{\it t^{\rm 2}}{\rm 8\cdot (\rm 1-\rho^{\rm 2})\cdot \sigma_{\it p}^{\rm 2}} -\hspace{0.1cm}\frac{\it p^{\rm 2}}{\rm 2\cdot (\rm 1-\it\rho^{\rm 2}{\rm )}\cdot \sigma_{\it p}^{\rm 2}}+\hspace{0.1cm}\frac{\rho\cdot \it t\cdot \it p}{\rm 2\cdot (\rm 1-\it \rho^{\rm 2}{\rm )}\cdot\sigma_{\it p}^{\rm 2}}\Bigg\}.$$
  • Aus dem zweiten Term des Exponenten folgt:
$$2\cdot(1-\rho^{\rm 2})\cdot\sigma_{p}^{ 2}=0.0072\hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.5cm} \sigma_{p}^{2} = \frac{ 0.0036}{(1-\rho^{\rm 2})}.$$
  • Der Faktor $K = 13.263$ liefert nun das Ergebnis
$$K = \frac{\sqrt{\rm 1-\it\rho^{\rm 2}}}{\rm 4\it\pi\cdot \rm 0.0036}=\rm 13.263 \hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.5cm}\sqrt{\rm 1-\it\rho^{\rm 2}}=\rm 0.6 \hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.5cm}\hspace{0.15cm}\underline{ \rm \rho = \rm 0.8}.$$
  • Daraus ergeben sich die Streuungen zu $\sigma_t\hspace{0.15cm}\underline{= 0.2}$ und $\sigma_p\hspace{0.15cm}\underline{= 0.1}$.
  • Zur Kontrolle verwenden wir den letzten Term des Exponenten:
$$\frac{(1 - \rho^{2})\cdot \sigma_{\it t}\cdot\sigma_{\it p}}{\it \rho} = \frac{0.36\cdot 0.1\cdot 0.2}{0.8} = \rm 0.009.$$
  • Dies stimmt mit dem vorgegebenen Wert überein.


(4)  Der Lösungsvorschlag 1 ist richtig.

  • Im Grunde genommen ist $(t, p)$keine echte Gaußsche Zufallsgröße, da beide Komponenten begrenzt sind.
  • Die Wahrscheinlichkeiten für die Ereignisse $t < 0$, $t >1$, $p < 0$ und $p >1$ sind somit Null.
  • Bei Gaußschen Größen mit den hier vorliegenden Mittelwerten und Streuungen ergeben sich jedoch
$$\rm Pr(\it t < \rm 0) = \rm Pr(\it t > \rm 1) = \rm Q(2.5)\approx 6\cdot 10^{-3},$$
$$\rm Pr(\it p > \rm 1) = \rm Q(3)\approx 1.3\cdot 10^{-3},$$
$$\rm Pr(\it p < \rm 0) = \rm Q(7)\approx 10^{-12}.$$

Der Korrelationskoeffizient $\rho = 0.8$ ist hier positiv. Hat der Prüfling im Theorieteil eher gut abgeschnitten, so ist (zumindest bei dieser Aufgabe) zu erwarten, dass auch der praktische Teil gut läuft. Hier ist also der Lösungsvorschlag 2 falsch. In der Praxis ist das sicher nicht immer so.


(5)  Für diese Wahrscheinlichkeit gilt mit $\Delta t = \Delta p = 0.02$:

$$\rm Pr\left [( \rm 0.5-\frac{\rm\Delta\it t}{\rm 2}\le \it t \le \rm 0.5+\frac{\rm\Delta\it t}{\rm 2})\cap(\rm 0.5-\frac{\rm\Delta\it p}{\rm 2}\le \it p \le \rm 0.5+\frac{\rm\Delta\it p}{\rm 2})\right ] \approx \rm\Delta\it t\cdot\rm\Delta\it p\cdot \it f_{tp}(t=\rm 0.5, \it p = \rm 0.5).$$

Für die 2D-WDF gilt unter Berücksichtigung der Mittelwerte $m_t{= 0.5}$ und $m_p{= 0.7}$:

$$f_{tp}(\it t=\rm 0.5, \it p=\rm 0.5) = \rm 13.263\cdot exp(-\frac{(-0.2)^{2}}{0.0072})\approx 0.0513.$$

Damit ergibt sich die gesuchte Wahrscheinlichkeit zu ${\rm Pr}[(0.49 ≤ t ≤0.51)∩(0.49≤ p ≤0.51)] =0.02 \cdot 0.02 \cdot 0.0513\hspace{0.15cm}\underline{\approx 2 · 10^{-5}}$.