Aufgabe 4.4Z: Ergänzung zur Aufgabe 4.4

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Hamming–Gewicht und Wahrscheinlichkeiten

Der Informationstheoretiker Robert G. Gallager hat sich bereits 1963 mit folgender Fragestellung beschäftigt:

  • Gegeben ist ein Zufallsvektor $\underline{x} = (x_1, \, x_2, \ ... \ , \, x_n)$ mit $n$ binären Elementen $x_i ∈ \{0, \, 1\}$.
  • Bekannt sind alle Wahrscheinlichkeiten $p_i = {\rm Pr}(x_i = 1)$ und $q_i = {\rm Pr}(x_i = 0) = 1 - p_i$ mit Inex $i = 1, \ ... \ , \ n$.
  • Gesucht ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Anzahl der Einsen in diesem Vektor geradzahlig ist.
  • Oder ausgedrückt mit dem Hamming–Gewicht: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit ${\rm Pr}[w_{\rm H}(\underline{x}) {\rm \ ist \ gerade}]$?


Die Grafik verdeutlicht die Aufgabenstellung für das Beispiel $n = 4$ sowie $p_1 = 0.2, \ p_2 = 0.9, \ p_3 = 0.3$ und $p_4 = 0.6$.

  • Für die grün hinterlegte Zeile  ⇒  $\underline{x} = (1, \, 0, \, 0, \, 1)$ gilt $w_{\rm H}(\underline{x}) = 2$ und ${\rm Pr}(\underline{x}) = p_1 \cdot q_2 \cdot q_3 \cdot p_4 = 0.0084$.
  • Blaue Schrift bedeutet ein geradzahliges Hamming–Gewicht. Rote Schrift steht für „$w_{\rm H}(\underline{x})$ ist ungerade”.
  • Die Wahrscheinlichkeite ${\rm Pr}[w_{\rm H}(\underline{x}) {\rm \ ist \ gerade}]$ ist gleich der Summe der blauen Zahlen in der letzten Spalte. Die Summe der roten Zahlen ergibt ${\rm Pr}[w_{\rm H}(\underline{x}) {\rm \ ist \ ungerade}] = 1 - {\rm Pr}[w_{\rm H}(\underline{x} {\rm \ ist \ gerade}]$.


Gallager hat das Problem in analytischer Weise gelöst:

$$\hspace{0.2cm} {\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} gerade} \right ] \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} 1/2 \cdot [1 + \pi]\hspace{0.05cm},$$
$${\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} ungerade} \right ] \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} 1/2 \cdot [1 - \pi]\hspace{0.05cm}.$$


Fragebogen

1

Wir betrachten den Vektor $\underline{x} = (x_1, \, x_2) \ \Rightarrow \ n = 2$ mit $x_i ∈ \{0, \, 1\}$. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass $\underline{x}$ eine gerade Anzahl an Einsen beinhaltet?

$p_1 = 0.2, \ p_2 = 0.9 \text{:} \hspace{0.2cm} {\rm Pr}[{\rm gerades} \ w_{\rm H}] \ = \ $

2

Berechnen Sie die gleiche Wahrscheinlichkeit für $\underline{x} = (x_1, \, x_2, \, x_3) \ \Rightarrow \ n = 3$.

$... \ , \ p_3 = 0.3 \text{:} \hspace{0.2cm} {\rm Pr}[{\rm gerades} \ w_{\rm H}] \ = \ $

3

Nun gelte $n = 4$ und $p_1 = 0.2, \ p_2 = 0.9, \ p_3 = 0.3, \ p_4 = 0.6$. Berechnen Sie nach der Gallager–Gleichung folgende Größen:

${\rm Pr(blau) = Pr}[w_{\rm H}(\underline{x}) {\rm ist \ gerade}] \ = \ $

${\rm Pr(rot) = Pr}[w_{\rm H}(\underline{x}) {\rm ist \ ungerade}] \ = \ $

$Q = {\rm Pr(blau)/Pr(rot)} \ = \ $

4

Wie groß ist der extrinsische $L$–Wert für das Symbol $i = 5$ beim SPC (5, 4, 2) mit $p_1 = 0.2, \ p_2 = 0.9, \ p_3 = 0.3, \ p_4 = 0.6, \ p_5 = 0.9$?

$L_{\rm E}(i = 5) \ = \ $

5

Wie änder sich $L_{\rm E}(i = 5)$, wenn man stattdessen von $p_5 = 0.1$ ausgeht?

$L_{\rm E}(i = 5)$ wird größer.
$L_{\rm E}(i = 5)$ wird kleiner.
$L_{\rm E}(i = 5)$ wird gegenüber Teilaufgabe (4) nicht verändert.


Musterlösung

(1) 
Herleitung „$w_{\rm H}$ ist gerade” für $n = 2$
Entsprechend nebenstehender Tabelle gilt:
$${\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.10cm}{\rm ist \hspace{0.10cm} gerade}\right ] = {\rm Pr} \left [w_{\rm H} = 0 \right] + {\rm Pr} \left [w_{\rm H} = 2 \right] \hspace{0.05cm}. $$

Mit den Wahrscheinlicekiten

$$p_1 = {\rm Pr} (x_1 = 1) \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} 0.2\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}q_1 = {\rm Pr} (x_1 = 0) = 0.8\hspace{0.05cm},$$
$$p_2 = {\rm Pr} (x_2 = 1) \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} 0.9\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}q_2 = {\rm Pr} (x_2 = 0) = 0.1$$

erhält man:

$${\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x}) = 0\right] \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} {\rm Pr} \left [(x_1 = 0)\cap (x_2 = 0) \right] = q_1 \cdot q_2 = 0.8 \cdot 0.1 = 0.08 \hspace{0.05cm},$$
$${\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x}) = 2\right] \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} {\rm Pr} \left [(x_1 = 1)\cap (x_2 = 1) \right] = p_1 \cdot p_2 = 0.2 \cdot 0.9 = 0.18$$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm} {\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} gerade}\right] = 0.8 + 0.18 \hspace{0.15cm} \underline{= 0.26} \hspace{0.05cm}.$$

Die Gallager–Gleichung liefert für den gleichen Parametersatz:

$${\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} gerade}\right] \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} 0.5 + 0.5 \cdot \prod\limits_{i =1}^{2} \hspace{0.25cm}(1-2\cdot p_i) =$$
$$\ = \ \hspace{-0.15cm} 0.5 + 0.5 \cdot (1 - 2 \cdot 0.2)\cdot (1 - 2 \cdot 0.9) = 0.26 \hspace{0.05cm}.$$

Die von Gallager 1963 angegebene Gleichung wurde hiermit für $n = 2$ verifiziert.


(2) 
Herleitung „$w_{\rm H}$ ist gerade” für $n = 3$
In der nebenstehenden Tabelle sind die vier Kombinationen mit einer geraden Anzahl an Einsen blau markiert. Die Auftrittswahrscheinlichkeiten der einzelnen Kombinationen sind in der letzten Spalte angegeben. Somit ergibt sich hier:
$$ {\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} gerade}\right] = 0.056 + $$
$$+0.216 + 0.006 + 0.126 \hspace{0.15cm} \underline{= 0.404} \hspace{0.05cm}.$$

Die roten Zeilen liefern das Komplementärereignis:

$$ {\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} ungerade}\right] = 0.024 + $$
$$+0.504 + 0.014 + 0.054= 0.596 \hspace{0.05cm}.$$

Die Gallager–Gleichung liefert auch hier wieder das exakt gleiche Ergebnis.

$${\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} gerade}\right] \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} 0.5 + 0.5 \cdot \prod\limits_{i =1}^{3} \hspace{0.25cm}(1-2\cdot p_i) =$$
$$\ = \ \hspace{-0.15cm} 0.5 + 0.5 \cdot (+0.6) \cdot (-0.8) \cdot (+0.4) = 0.404 \hspace{0.05cm}.$$


(3)  Entsprechend der Angabenseite gilt:

$$\pi = \prod\limits_{i =1}^{4} \hspace{0.25cm}(1-2\cdot p_i) \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} (1 - 2 \cdot 0.2) \cdot (1 - 2 \cdot 0.9) \cdot (1 - 2 \cdot 0.3) \cdot (1 - 2 \cdot 0.6) =$$
$$\ = \ \hspace{-0.15cm} (+0.6) \cdot (-0.8) \cdot (+0.4) \cdot (-0.2) = 0.0384 \hspace{0.05cm}.$$

Daraus lassen sich berechnen:

$${\rm Pr}({\rm blau}) = {\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} gerade}\right] \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} 0.5 + 0.5 \cdot \pi = 0.5 + 0.5 \cdot 0.0384\hspace{0.15cm} \underline{= 0.5192}\hspace{0.05cm},$$
$${\rm Pr}({\rm rot}) = {\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} ungerade}\right] \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} 0.5 - 0.5 \cdot \pi = 0.5 - 0.5 \cdot 0.0384\hspace{0.15cm} \underline{= 0.4808}\hspace{0.05cm}. $$

Addiert man die blauen bzw. die roten Wahrscheinlichkeiten auf der Angabenseite, so erhält man exakt die hier berechneten Werte. Für den Quotienten ergibt sich:

$$Q = \frac{{\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} gerade}\right]} { {\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} ungerade}\right]} = \frac{0.5192}{0.4808}\hspace{0.15cm} \underline{= 1.0799} \hspace{0.05cm}. $$


(4)  Für den Single Parity–check Code wurde der exrinsische $L$–Wert bezüglich des $i$–ten Bits wie folgt angegeben:

$$L_{\rm E}(i) = {\rm ln} \hspace{0.15cm}\frac{{\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x}^{(-i)})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} gerade} \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}\underline{y} \hspace{0.05cm}\right ]}{{\rm Pr} \left [w_{\rm H}(\underline{x}^{(-i)})\hspace{0.15cm}{\rm ist \hspace{0.15cm} ungerade} \hspace{0.05cm} | \hspace{0.05cm}\underline{y} \hspace{0.05cm}\right ]} \hspace{0.05cm},$$

oder:

$$L_{\rm E}(i) = {\rm ln} \hspace{0.15cm}\frac{1+\prod_{j \ne i} \hspace{0.25cm}(1-2\cdot p_j)}{1-\prod_{j \ne i} \hspace{0.25cm}(1-2\cdot p_j)} \hspace{0.05cm}.$$

Beim SPC (5, 4, 2)  ⇒  $n = 5$ ergibt sich dieses Produkt für $i = 5$ aus folgenden vier Multiplikanden:

$$\pi = \prod\limits_{j = 1, \hspace{0.05cm}2, \hspace{0.05cm}3, \hspace{0.05cm}4} \hspace{0.05cm}(1-2\cdot p_j) = (1-2\cdot p_1) \cdot (1-2\cdot p_2) \cdot (1-2\cdot p_3) \cdot (1-2\cdot p_4) \hspace{0.05cm}.$$

Der Vergleich mit der Teilaufgabe (3) zeigt, dass $L_{\rm E}(i = 5) = \ln {Q} = \ln {(1.0799)} \underline{\approx 0.077}$ ist.


(5)  Richtig ist der Lösungsvorschlag 3, weil das Ergebnis für $L_{\rm E}(i = 5)$ unabhängig von $p_5$ ist.