Aufgabe 4.3: Betriebsdämpfung

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P ID1800 LZI A 4 3.png
Wird eine Nachrichtenverbindung der Länge l nicht an beiden Enden mit ihrem Wellenwiderstand ZW abgeschlossen, so kommt es stets zu Reflexionen. Anstelle der Wellendämpfung aW(f) = α(f) · l muss man in diesem Fall die Betriebsdämpfung aB(f) betrachten, die hier ohne Frequenzabhängigkeit angegeben wird (das heißt: wir betrachten hier stets nur eine einzige Frequenz f0):
$${\rm a}_{\rm B} = {\rm a}_{\rm B}(f_0)= {\rm a}_{\rm W}+ {\rm ln}\hspace{0.1cm} |q_1|+{\rm ln}\hspace{0.1cm} |q_2|+{\rm a}_{\rm WWD}\hspace{0.05cm}.$$
Die vier Anteile – alle mit der Pseudoeinheit „Neper (Np)” – beschreiben dabei folgende Sachverhalte:
  • Der erste Summand aW = α · l modelliert die Wellendämpfung der sich entlang der Leitung ausbreitenden Welle. Beachten Sie, dass Dämpfungen mit „a” bezeichnet werden, während das Dämpfungsmaß (kilometrische Dämpfung) mit „alpha” gekennzeichnet sind.
  • Der zweite Summand gibt die senderseitige Stoßdämpfung an. Dieser Term berücksichtigt den Leistungsverlust durch Reflexionen am Übergang Sender–Leitung:
$${\rm ln}\hspace{0.1cm} |q_1|= {\rm ln}\hspace{0.1cm}\frac {R_1 + Z_{\rm W}}{2 \cdot \sqrt{R_1 \cdot Z_{\rm W}}} \hspace{0.05cm}.$$
  • In analoger Weise gilt für die empfängerseitige Stoßdämpfung am Leitungsende:
$${\rm ln}\hspace{0.1cm} |q_2|= {\rm ln}\hspace{0.1cm}\frac {R_2 + Z_{\rm W}}{2 \cdot \sqrt{R_2 \cdot Z_{\rm W}}} \hspace{0.05cm}.$$
  • Die Wechselwirkungsdämpfung beschreibt die Signaldämpfung durch die Auswirkung einer doppelt reflektierten Welle, die sich dem Nutzsignal konstruktiv oder destruktiv überlagern kann. Für diesen letzten Anteil
$${\rm a}_{\rm WWD} = {\rm ln}\hspace{0.1cm} |1- r_1 \cdot r_2 \cdot {\rm e}^{- 2\hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} \gamma \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} l}|$$
verwenden wir in dieser Aufgabe folgende Gleichungen und Nomenklatur:
$${\rm a}_{\rm WWD} = {\rm ln}\hspace{0.1cm}A, \hspace{0.3cm}A = |1- r_\alpha \cdot {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} 2 \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} \beta \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} l}| \hspace{0.05cm},$$
$$r_\alpha = r_1 \cdot r_2\cdot {\rm e}^{-2 \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} \alpha \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} l},\hspace{0.3cm}r_1= \frac {R_1 - Z_{\rm W}}{R_1 + Z_{\rm W}}, \hspace{0.3cm}r_2= \frac {R_2 - Z_{\rm W}}{R_2 + Z_{\rm W}} \hspace{0.05cm}.$$
Hinweis: Die Aufgabe bezieht sich auf die Seite Einfluss von Reflexionen im Kapitel 4.1. Gehen Sie bei numerischen Berechnungen von folgenden Zahlenwerten aus:
$$Z_{\rm W} = 100\,{\rm \Omega}\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}R_1 = 200\,{\rm \Omega}\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm} R_2 = 1\,{\rm k\Omega}\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}l = 2\,{\rm km}\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm} \alpha = 0.1\,{\rm Np/km} \hspace{0.05cm}.$$


Fragebogen

1

Welcher Wert ergäbe sich für die Betriebsdämpfung, wenn es keine Reflexionen geben würde?

$Anpassung:\ a_B$ =

$Np$

2

Berechnen Sie die beiden Anteile der Stoßdämpfung für ZW = 100 Ω sowie R1 = 200 Ω und R2 = 1 kΩ.

$ln\ |q_1|$ =

$Np$
$ln\ |q_2|$ =

$Np$

3

Berechnen Sie die Reflexionsfaktoren r1, r2 und rα.

$r_1$ =

$r_2$ =

$r_\alpha$ =

4

Welche Bedingung muss die Größe A erfüllen, damit es zu konstruktiver bzw. destruktiver Überlagerung bezüglich der Wechselwirkungsdämpfung kommt?

A ist minimal  ⇒  konstruktive Überlagerung,
A ist maximal  ⇒  destruktive Überlagerung.

5

Geben Sie den kleinstmöglichen Wert βmin für das Phasenmaß β(f0) an, damit es zu konstruktiver Überlagerung kommt.

$\beta_\text{min}$ =

$rad/km$

6

Wie groß kann der Wechselwirkungsdämpfungsanteil maximal werden? Welche Voraussetzungen müssen hierfür gelten?

$Max\ [a_\text{WWD}]$ =

$Np$


Musterlösung

1.  Bei Widerstandsanpassung (R1 = R2 = ZW) verbleibt von den vier Summanden nur der erste:
$${\rm a}_{\rm B} = \alpha \cdot l = 0.1\,{\rm Np/km} \cdot 2\,{\rm km} \hspace{0.15cm}\underline{= 0.2\,{\rm Np}}\hspace{0.05cm}.$$
2.  Entsprechend den angegebenen Gleichungen ergibt sich:
$$q_1 = \frac {R_1 + Z_{\rm W}}{2 \cdot \sqrt{R_1 \cdot Z_{\rm W}}}= \frac {200 + 100}{2 \cdot \sqrt{200 \cdot 100}}= 1.061 \hspace{0.2cm}\Rightarrow \hspace{0.2cm} {\rm ln}\hspace{0.1cm}|q_1| \hspace{0.15cm}\underline{= 0.059 \,{\rm Np}} \hspace{0.05cm},\\ q_2 = \frac {R_2 + Z_{\rm W}}{2 \cdot \sqrt{R_2 \cdot Z_{\rm W}}}= \frac {1000 + 100}{2 \cdot \sqrt{1000 \cdot 100}}= 1.739 \hspace{0.2cm}\Rightarrow \hspace{0.2cm} {\rm ln}\hspace{0.1cm}|q_2| \hspace{0.15cm}\underline{= 0.553 \,{\rm Np}}\hspace{0.05cm}.$$
3.  Mit den vorgegebenen Beschaltungswiderständen erhält man
$$r_1= \frac {200\,{\rm \Omega} - 100\,{\rm \Omega}}{200\,{\rm \Omega} + 100\,{\rm \Omega}} \hspace{0.15cm}\underline{= 0.333}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.3cm}\frac {1000\,{\rm \Omega} - 100\,{\rm \Omega}}{1000\,{\rm \Omega} + 100\,{\rm \Omega}}\hspace{0.15cm}\underline{ = 0.818}$$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm} r_\alpha = r_1 \cdot r_2\cdot {\rm e}^{-2 \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} \alpha \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} l}= 0.333 \cdot 0.818\cdot {\rm e}^{-4}\hspace{0.15cm}\underline{= 0.183} \hspace{0.05cm}.$$
4.  Beide Aussagen sind richtig: Bei konstruktiver Überlagerung ist aWWD = ln A negativ ⇒ A < 1 und minimal. Im Gegensatz dazu bewirkt der maximale Wert von A (für den A > 1 gilt) eine positive Wechselwirkungsdämpfung, also eine zusätzliche Dämpfung des Nutzsignals aufgrund der destruktiven Überlagerung von hin– und rücklaufender Welle.
5.  In der letzten Teilaufgabe wurde gezeigt, dass konstruktive Überlagerung gleichbedeutend ist mit der Minimierung von
$$A = |1- r_\alpha \cdot {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} 2\hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} \beta \hspace{0.05cm}\cdot\hspace{0.05cm} l}|= |1- r_\alpha \cdot \cos(2 \beta l)+ {\rm j} \cdot \sin(2 \beta l)|=\\ = \sqrt {1- 2 \cdot r_\alpha \cdot \cos(2 \beta l)+ {r_\alpha}^2 \cdot \cos^2(2 \beta l)+ {r_\alpha}^2 \cdot \sin^2(2 \beta l)}=\\ = \sqrt {1+ {r_\alpha}^2- 2 \cdot r_\alpha \cdot \cos(2 \beta l)} \hspace{0.05cm}.$$
Das Minimum ergibt sich für
$$\cos(2 \beta l) = +1 \hspace{0.2cm}\Rightarrow \hspace{0.2cm}2 \beta l= \pi, 2\pi, 3\pi, ... \hspace{0.2cm}\Rightarrow \hspace{0.2cm}\beta_{\rm min} = \frac{\pi}{2l}\hspace{0.15cm}\underline{= 0.785\,{\rm rad/km}} \hspace{0.05cm}.$$
Dagegen kommt es zu destruktiver Überlagerung, falls das Phasenmaß folgende Bedingung erfüllt:
$$\cos(2 \beta l) = -1 \hspace{0.2cm}\Rightarrow \hspace{0.2cm}2 \beta l= \frac{\pi}{2}, \frac{3\pi}{2}, \frac{5\pi}{2}, ...$$
6.  Das Argument
$$A = \sqrt {1+ {r_\alpha}^2- 2 \cdot r_\alpha \cdot \cos(2 \beta l)}$$
kann maximal A = 2   ⇒   aWWD = 0.693 Np werden unter folgenden Voraussetzungen:
  • nicht abgeschlossene Leitung (r1 = r2 = 1),
  • kurze Kabellänge, so dass der Term α · l nicht wirksam ist (rα = 1),
  • Phasenverlauf entsprechend Teilaufgabe 5).