Aufgabe 4.2: Fehlangepasste Leitung

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Nachrichtenleitung mit Beschaltung

Ein Übertragungssystem belege den Frequenzbereich von $f_{\rm U} = 10 \ \rm MHz$ bis $f_{\rm O} = 400 \ \rm MHz$.

Die verwendete Übertragungsleitung besitze zudem einen konstanten Wellenwiderstand $Z_{\rm W} = 100 \ \rm \Omega$ (reell), was nicht ganz der Realität entspricht, da der Wellenwiderstand meist mit der Frequenz leicht abnimmt und oft auch noch ein (meist kleinerer) Imaginärteil zu berücksichtigen ist.

Die Leitung wird mit einer Spannungsquelle mit dem Innenwiderstand $R_{\rm 1} = 100 \ \rm \Omega$ gespeist und ist mit dem Widerstand $R_{\rm 2}$ abgeschlossen. Der Eingangswiderstand der Leitung ergibt sich zu

$$Z_{\rm E}(f) = Z_{\rm W}\cdot \frac {R_2 + Z_{\rm W} \cdot {\rm tanh}(\gamma(f) \cdot l)} {Z_{\rm W}+ R_2 \cdot {\rm tanh}(\gamma(f) \cdot l)} \hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}{\rm mit}\hspace{0.3cm}{\rm tanh}(x) = \frac {{\rm e}^{x}-{\rm e}^{-x}}{{\rm e}^{x}+{\rm e}^{-x}}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.3cm}x \in {\cal C} \hspace{0.05cm}.$$

Das Übertragungsmaß soll – wieder sehr vereinfacht – durch eine reelle Funktion angenähert werden:

$$\frac {\gamma(f)}{1\,{\rm Np/km}} = \frac {\alpha(f)}{1\,{\rm Np/km}} = \sqrt{f/f_{\rm O}} \hspace{0.05cm}, \hspace{0.3cm}f_{\rm O} = 40\,{\rm MHz}\hspace{0.05cm}.$$




Hinweise:

  • Die Aufgabe gehört zum Kapitel Einige Ergebnisse der Leitungstheorie.
  • Insbesondere soll untersucht werden, ob es zu Reflexionen kommt.
  • Sollte die Eingabe des Zahlenwertes „0” erforderlich sein, so geben Sie bitte „0.” ein.


Fragebogen

1

Welche Aussagen gelten für den Wellenwiderstand $Z_{\rm W}$ einer Leitung allgemein?

$Z_{\rm W}$ ist abhängig von der Leitungslänge.
$Z_{\rm W}$ kann frequenzabhängig sein.
$Z_{\rm W}$ kann bei bestimmten Frequenzen komplexe Werte annehmen.

2

Welche Aussagen gelten für die Beschaltung mit $R_1 = R_2 = Z_{\rm W}$?

Der Eingangswiderstand $Z_{\rm E}(f)$ ist gleich dem Wellenwiderstand.
Der Eingangswiderstand $Z_{\rm E}(f)$ ist frequenzunabhängig.
Der Eingangswiderstand $Z_{\rm E}(f)$ hängt von der Leitungslänge ab.
$R_1 = R_2 =Z_{\rm W}$ kennzeichnet die bestmögliche Beschaltung.

3

Bei welcher Leitungslänge $l$ unterscheiden sich $Z_{\rm E}$ und $Z_{\rm W}$ im Kurzschlussfall $(R_{\rm 2} = 0)$ um weniger als $1\%$?

$f_{\rm U} = 10\ {\rm MHz}\hspace{-0.1cm}:\hspace{0.2cm} l_\text{min}\ = \ $

$\ \rm km$
$f_{\rm O} = 40\ {\rm MHz}\hspace{-0.1cm}:\hspace{0.2cm} l_\text{min}\ = \ $

$\ \rm km$

4

Bei welcher Leitungslänge $l$ unterscheiden sich $Z_{\rm E}$ von $Z_{\rm W}$ im Leerlauf $(R_2 → ∞)$ um weniger als $1\%$?

$f_{\rm U} = 10\ {\rm MHz}\hspace{-0.1cm}:\hspace{0.2cm} l_\text{min}\ = \ $

$\ \rm km$
$f_{\rm O} = 40\ {\rm MHz}\hspace{-0.1cm}:\hspace{0.2cm} l_\text{min}\ = \ $

$\ \rm km$


Musterlösung

(1)  Der Wellenwiderstand $Z_{\rm W}$ ist definiert als der Quotient von Spannung und Strom der sich entlang der Leitung ausbreitenden Welle und ist unabhängig vom Ort. Deshalb ist $Z_{\rm W}$ auch unabhängig von der Leitungslänge $l$ und wird allein durch die Leitungsbeläge $R'$, $L'$, $G'$ und $C'$ bestimmt.

Die im Theorieteil angegebene Gleichung $$Z_{\rm W}(f) = \sqrt{\frac {R' + {\rm j} \cdot \omega L'}{G' + {\rm j} \cdot \omega C'}} \hspace{0.1cm}\bigg |_{\omega \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}2\pi f}$$ macht deutlich, dass der Wellenwiderstand durchaus von der Frequenz abhängt und im allgemeinen auch komplexwertig ist. Richtig sind also die Lösungsvorschläge 2 und 3.

Besonders anzumerken ist, dass der Wellenwiderstand keinen Widerstand im Sinne eines Verbrauchers darstellt:

  • Der Wellenwiderstand charakterisiert die Leitung nicht als verlustbehaftetes Element.
  • Auch eine verlustlose Leitung besitzt einen Wellenwiderstand und ebenso ist bei der Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle stets ein Wellenwiderstand definiert.


(2)  Mit dem Abschlusswiderstand $Z_{\rm 2}(f) = Z_{\rm W}(f)$ ist auch der an den Leitungsanfang transformierte Widerstandswert gleich dem Wellenwiderstand, und zwar unabhängig von der Leitungslänge: $$Z_{\rm E}(f) = Z_{\rm W}(f)\cdot \frac {Z_{\rm 2}(f) + Z_{\rm W}(f) \cdot {\rm tanh}(\gamma(f) \cdot l)} {Z_{\rm W}(f)+ Z_{\rm 2}(f) \cdot {\rm tanh}(\gamma(f) \cdot l)}= Z_{\rm W}(f)\cdot \frac {Z_{\rm W}(f) + Z_{\rm W}(f) \cdot {\rm tanh}(\gamma(f) \cdot l)} {Z_{\rm W}(f)+ Z_{\rm W}(f) \cdot {\rm tanh}(\gamma(f) \cdot l)}= Z_{\rm W}(f) \hspace{0.05cm}.$$ Richtig sind die Lösungsvorschläge 1, 2 und 4:

  • Da in der Aufgabenstellung $Z_{\rm W}(f) = Z_{\rm W}$ als frequenzunabhängig vorausgesetzt wurde, ist hier auch der Eingangswiderstand g $Z_{\rm E}(f) = Z_{\rm E}$frequenzunabhängig.
  • Dagegen können bei frequenzabhängigem Wellenwiderstand mit einem reellen Abschluss Reflexionen nicht für alle Frequenzen vermieden werden.
  • Die Beschaltung $R_1 = R_2 =Z_{\rm W}$   ⇒   $R_1 =Z_{\rm E}$ ist natürlich stets anzustreben, da dann von der Quelle die maximale Leistung abgegeben wird.


(3)  Mit dem Abschlusswiderstand $R_{\rm 2} = 0$   ⇒   Kurzschluss folgt aus der angegebenen Gleichung mit reellem $x = \gamma (f) \cdot l$: $$\frac{Z_{\rm E}(f)}{Z_{\rm W}} = {\rm tanh}(x) = \frac {{\rm e}^{x}-{\rm e}^{-x}}{{\rm e}^{x}+{\rm e}^{-x}}= \frac {{\rm e}^{2x}-1}{{\rm e}^{2x}+1}.$$ Insbesondere gilt: $$\frac{Z_{\rm E}(f)}{Z_{\rm W}} = 0.99 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} {\rm e}^{2x} = 199\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} x ={1}/{2}\cdot {\rm ln}\hspace{0.1cm}(199) \approx 2.65\,{\rm Np}\hspace{0.05cm}.$$ $$f_{\rm U} = 10\,{\rm MHz:}\hspace{0.2cm}\alpha(f_{\rm U})= 0.5\,{\rm Np/km}\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}l_{\rm min}= \frac{2.65\,{\rm Np}}{0.5\,{\rm Np/km}}\hspace{0.15cm}\underline{= 5.3\,{\rm km}} \hspace{0.05cm},$$ $$ f_{\rm O} = 40\,{\rm MHz:}\hspace{0.2cm}\alpha(f_{\rm U})= 1.0\,{\rm Np/km}\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}l_{\rm min}= \frac{2.65\,{\rm Np}}{1.0\,{\rm Np/km}}\hspace{0.15cm}\underline{= 2.65\,{\rm km}} \hspace{0.05cm}.$$ Das heißt:

  • Bei der Frequenz $f_{\rm O} = 40\ {\rm MHz}$ genügt bereits die Leitungslänge $l= 2.65 \ \rm km$, um Reflexionen weitgehend zu unterdrücken.
  • Bei der niedrigeren Frequenz $f_{\rm U} = 10\ {\rm MHz}$ ist wegen des geringeren Dämpfungsmaßes dafür eine größere Kabellänge erforderlich.
  • Diese Aussagen beziehen sich natürlich nur auf das Vermeiden von Reflexionen. Insgesamt ist natürlich die niedrigere Signalfrequenz günstiger als die höhere.

(4)  In gleicher Weise erhält man für $R_2 → ∞$   ⇒   Leerlauf die Gleichung $$\frac{Z_{\rm E}(f)}{Z_{\rm W}} = \frac{1}{{\rm tanh}(x)} = \frac {{\rm e}^{2x}+1}{{\rm e}^{2x}-1}\hspace{0.05cm}.$$ Im Gegensatz zum Kurzschluss–Fall ergibt sich für den Quotienten $Z_{\rm E}/Z_{\rm W}$ nun stets ein Wert größer 1: $$\frac{Z_{\rm E}(f)}{Z_{\rm W}} = 1.01 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} {\rm e}^{2x} = 201\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} x =\frac{1}{2}\cdot{\rm ln}\hspace{0.1cm}(201) \approx 2.65\,{\rm Np}\hspace{0.05cm}.$$ Näherungsweise erhält man hier das gleiche Ergebnis wie bei Teilaufgabe (3):

  • Bei der Frequenz $f_{\rm O} = 40\ {\rm MHz}$ genügt bereits die Leitungslänge $l= 2.65 \ \rm km$, um Reflexionen weitgehend zu unterdrücken.
  • Bei der niedrigeren Frequenz $f_{\rm U} = 10\ {\rm MHz}$ ist wegen des geringeren Dämpfungsmaßes dafür eine größere Kabellänge erforderlich.