Aufgabe 2.5: Verzerrung und Entzerrung

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Trapezspektrum (oben) und
zugehörige Impulsantwort (unten)

Betrachtet wird ein Nachrichtensystem mit Eingang  $x(t)$  und Ausgang  $y(t)$, das durch den trapezförmigen Frequenzgang  $H(f)$  gemäß der oberen Grafik vollständig beschrieben wird. Mit dem Rolloff–Faktor  $r = 0.5$  sowie der äquivalenten Bandbreite  $\Delta f = 16 \ \rm kHz$  lautet die dazugehörige, über die Fourierrücktransformation berechenbare Impulsantwort:

$$h(t) = \Delta f \cdot {\rm si}(\pi \cdot \Delta f \cdot t )\cdot {\rm si}(\pi \cdot r \cdot \Delta f \cdot t ) .$$

Als Eingangssignale stehen zur Verfügung:

  • Die Summe zweier harmonischer Schwingungen:
$$x_1(t) = {1\, \rm V} \cdot \cos(\omega_1 \cdot t) + {1\, \rm V} \cdot \sin(\omega_2 \cdot t).$$
Hierbei gelte für  $\omega_1 = 2\pi \cdot 2000 \ {\rm 1/s}$  und  $\omega_2 \gt \omega_1$.
  • Ein periodisches Dreiecksignal:
$$x_2(t) = \frac{8\, \rm V}{\pi^2} \cdot \big[\cos(\omega_0 t) + {1}/{9} \cdot \cos(3\omega_0 t) + {1}/{25} \cdot \cos(5\omega_0 t) + \hspace{0.05cm}\text{...}\big].$$
Es ist anzumerken, dass die Grundfrequenz  $f_0 = 2 \ \rm kHz$  bzw.  $3\ \rm kHz$  beträgt. Zum Zeitpunkt  $t = 0$  ist der Signalwert in beiden Fällen  $1 \ \rm V$.
  • Ein Rechteckimpuls  $x_3(t)$  mit Amplitude  $A = 1 \ \rm V$  und Dauer  $T = 1 \ \rm ms$. Da dessen Spektrum  $X_3(f)$  bis ins Unendliche reicht, führt  $H(f)$  hier immer zu linearen Verzerrungen.


Ab der Teilaufgabe  (6)  soll versucht werden, durch einen nachgeschalteten Entzerrer mit

  • Frequenzgang  $H_{\rm E}(f)$,
  • Eingangssignal  $y(t)$,  und
  • Ausgangssignal  $z(t)$


die eventuell von  $H(f)$  erzeugten Verzerrungen zu eliminieren.



Hinweise:

  • Die Aufgabe gehört zum Kapitel  Lineare Verzerrungen.
  • Bezug wird insbesondere genommen auf die Seite  Entzerrungsverfahren.
  • Der im Fragenkatalog verwendete Begriff „Gesamtverzerrung” bezieht sich auf das Eingangssignal  $x(t)$  und das Ausgangssignal  $z(t)$.



Fragebogen

1

Welche Verzerrungsarten können bei diesem System ausgeschlossen werden?

Nichtlineare Verzerrungen.
Dämpfungsverzerrungen.
Phasenverzerrungen.

2

Welche Eigenschaften zeigt das System beim Testsignal  $x_1(t)$  mit  $\underline{f_2 = 4 \ \rm kHz}$?

Es wirkt wie ein ideales System.
Es wirkt wie ein verzerrungsfreies System.
Man erkennt, dass ein verzerrendes System vorliegt.

3

Welche Eigenschaften zeigt das System beim Testsignal  $x_1(t)$  mit  $\underline{f_2 = 10 \ \rm kHz}$?

Es wirkt wie ein ideales System.
Es wirkt wie ein verzerrungsfreies System.
Man erkennt, dass ein verzerrendes System vorliegt.

4

Wie groß ist beim Testsignal  $x_2(t)$  mit  $\underline{f_0 = 3 \ \rm kHz}$  die Maximalabweichung  $\varepsilon_{\rm max} = |y_2(t_0) - x_2(t_0)|$.
An welcher Stelle  $t_0$  tritt  $\varepsilon_{\rm max}$  zum ersten Mal auf?

$\varepsilon_\text{max} \ = \ $

$\ \rm V$
$t_0 \ = \ $

$\ \rm ms$

5

Wie groß ist die maximale Abweichung  $\varepsilon_{\rm max}$  mit  $\underline{f_0 = 2 \ \rm kHz}$?

$\varepsilon_\text{max} \ = \ $

$\ \rm V$

6

Welchen Verlauf sollte der Entzerrer  $H_{\rm E}(f)$  besitzen, um alle Verzerrungen von  $H(f)$  bestmöglich zu kompensieren.
Welcher Betragswert ergibt sich bei  $\underline{f = 10 \ \rm kHz}$?

$|H_E(f = 10 \ \rm kHz)| \ = \ $

7

Bei welchen der aufgeführten Signale ist eine vollständige Entzerrung möglich?
Unter „vollständiger Entzerrung” soll dabei  $z(t) = x(t)$  verstanden werden.

Beim Signal  $x_1(t)$  mit  $f_2 = 10 \ \rm kHz$,
beim Signal  $x_2(t)$,
beim Signal  $x_3(t)$.


Musterlösung

(1)  Richtig sind die Lösungsvorschläge 1 und 3:

  • Durch die Angabe eines Frequenzgangs wird bereits implizit ein lineares System vorausgesetzt, so dass nichtlineare Verzerrungen nicht auftreten können.
  • Da $H(f)$ rein reell ist, können Phasenverzerrungen ebenfalls ausgeschlossen werden.


(2)  Richtig sind die Lösungsvorschläge 1 und 2:

  • Das Ausgangssignal ist $y_1(t) = x_1(t)$.
  • Somit ist das System nicht nur verzerrungsfrei, sondern kann für diese Anwendung auch als ideal bezeichnet werden.


(3)  Richtig ist der Lösungsvorschlag 3:

  • In diesem Fall erhält man für das Ausgangssignal:
$$y_1(t)= 1\,{\rm V}\cdot \cos(2 \pi \cdot f_1 \cdot t) + {1}/{4}\cdot 1\,{\rm V}\cdot \sin(2 \pi \cdot f_2 \cdot t).$$
  • Während der Anteil bei $f_1$ unverändert übertragen wird, ist der Sinusanteil mit $f_2$ auf ein Viertel gedämpft.
  • Also liegen Dämpfungsverzerrungen vor.


(4)  Das Ausgangssignal $y_2(t)$ hat die folgende Form, wenn man die Grundfrequenz $f_0 = 3 \ \rm kHz$ berücksichtigt:

$$y_2(t)= \frac{8\,{\rm V}}{\pi^2} \left( \cos(\omega_0 t) + \frac{3}{8}\cdot \frac{1}{9} \cdot \cos(3\omega_0 t)\right) .$$

Der Faktor $3/8$ beschreibt $H(f = 9 \ \rm kHz)$. Alle weiteren Spektralanteile bei $15 \ \rm kHz$, $21 \ \rm kHz$ usw. werden vom System unterdrückt.

Die stärksten Abweichungen zwischen $x_2(t)$ und $y_2(t)$ wird es bei den Dreieckspitzen geben, da sich hier die fehlenden hohen Frequenzen am stärksten auswirken. Zum Beispiel erhält man für den Zeitpunkt $\underline{t= 0}$:

$$y_2(t=0)= \frac{8\,{\rm V}}{\pi^2} \left( 1 + {3}/{72}\right)= 0.844\,{\rm V} \hspace{0.3cm}\Rightarrow\hspace{0.3cm} \varepsilon_{\rm max} = |y_2(t=0)- x_2(t=0)| \hspace{0.15cm}\underline{= 0.156\,{\rm V}}.$$


(5)  Mit der Grundfrequenz $f_0 = 2 \ \rm kHz$ sowie den Übertragungswerten $H(3f_0) = 0.75$, $H(5f_0) = 0.25$, $H(7f_0) = 0$ ergibt sich:

$$y_2(t=0)= \frac{8\,{\rm V}}{\pi^2} \left( 1 + \frac{3}{4}\cdot \frac{1}{9} + \frac{1}{4} \cdot\frac{1}{25}\right)= 0.886\,{\rm V}\hspace{0.5cm} \Rightarrow \hspace{0.5cm}\varepsilon_{\rm max} \hspace{0.15cm}\underline{= 0.114\,{\rm V}}.$$


(6)  Im Bereich bis $4 \ \rm kHz$ ist $H_{\rm E}(f) = H(f) = 1$ zu setzen. Dagegen gilt im Bereich von $4 \ \rm kHz$ bis $12 \ \rm kHz$:

$$H_{\rm E}(f)= \frac{1}{H(f)} = \frac{1}{1.5 \cdot \big[1 - f/(12\,{\rm kHz})\big]} \hspace{0.5cm} \Rightarrow \hspace{0.5cm} H_{\rm E}(f = 10\,{\rm kHz})\hspace{0.15cm}\underline{= 4} .$$

Der Nennerausdruck beschreibt hierbei die Geradengleichung des Flankenabfalls.


(7)  Richtig ist der Lösungsvorschlag 1:

  • Sowohl $x_2(t)$ als auch $x_3(t)$ beinhalten auch Spektralanteile bei Frequenzen größer als $12 \ \rm kHz$.
  • Wurden diese von $H(f)$ abgeschnitten   ⇒   Bandbegrenzung, so können sie durch den Entzerrer nicht mehr rekonstruiert werden.
  • Das heißt, dass nur das Signal $x_1(t)$ durch $H_{\rm E}(f)$ wieder hergestellt werden kann, allerdings nur dann, wenn $f_2 < 12 \ \rm kHz$ gilt:
$$z_1(t)= \underline{1} \cdot 1\,{\rm V}\cdot \cos(2 \pi \cdot f_1 \cdot t) + \underline{4} \cdot \frac{1}{4}\cdot 1\,{\rm V}\cdot \sin(2 \pi \cdot f_2 \cdot t).$$
  • Die jeweils ersten (unterstrichenen) Faktoren geben jeweils die Verstärkungswerte von $H_{\rm E}(f)$ an.