Aufgaben:Aufgabe 1.3: Rechteckfunktionen für Sender und Empfänger: Unterschied zwischen den Versionen

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Wir betrachten hier drei Varianten eines binären bipolaren AWGN&ndash;Übertragungssystems, die sich hinsichtlich des Sendegrundimpulses $g_{\rm s}(t)$ sowie der Impulsantwort <i>h</i><sub>E</sub>(<i>t</i>) des Empfangsfilters unterscheiden:
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Wir betrachten hier drei Varianten eines binären bipolaren AWGN&ndash;Übertragungssystems,&nbsp; die sich hinsichtlich des Sendegrundimpulses &nbsp;$g_{s}(t)$&nbsp; sowie der Impulsantwort &nbsp;$h_{\rm E}(t)$&nbsp; des Empfangsfilters unterscheiden:
*Beim System A sind beide Zeitfunktionen <i>g<sub>s</sub></i>(<i>t</i>) und <i>h</i><sub>E</sub>(<i>t</i>) rechteckförmig, lediglich die Impulshöhen (<i>s</i><sub>0</sub> bzw. 1/<i>T</i>) sind unterschiedlich.
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*Beim &nbsp;$\text{System A}$&nbsp; sind sowohl &nbsp;$g_{s}(t)$&nbsp; als auch &nbsp;$h_{\rm E}(t)$&nbsp; rechteckförmig,&nbsp; lediglich die Impulshöhen &nbsp;$(s_{\rm 0}$&nbsp; bzw. &nbsp;$1/T)$&nbsp; sind unterschiedlich.
*Das System B unterscheidet sich vom System A durch einen dreieckförmigen Sendegrundimpuls mit <i>g<sub>s</sub></i>(<i>t</i> = 0) = <i>s</i><sub>0</sub>.
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*Das &nbsp;$\text{System B}$&nbsp; unterscheidet sich vom &nbsp;$\text{System A}$&nbsp; durch einen dreieckförmigen Sendegrundimpuls mit &nbsp;$g_{s}(t=0) = s_{\rm 0}$.
*Das System C hat den gleichen Sendegrundimpuls wie das System A, während die Impulsantwort mit <i>h</i><sub>E</sub>(<i>t</i> = 0) = 1/<i>T</i> dreieckförmig verläuft.
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*Das &nbsp;$\text{System C}$&nbsp; hat den gleichen Sendegrundimpuls wie &nbsp;$\text{System A}$,&nbsp; während die Impulsantwort &nbsp;$h_{\rm E}(t=0) = 1/T$&nbsp; dreieckförmig verläuft.
Die absolute Breite der hier betrachteten Rechteck&ndash; und Dreieckfunktionen beträgt jeweils <i>T</i> = 10 &mu;s. Die Bitrate ist <i>R</i> = 100 kbit/s. Die weiteren Systemparameter sind wie folgt gegeben:
 
:$$s_0 = 6 \,\,\sqrt{W}\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}  N_0 = 2 \cdot 10^{-5} \,\,{\rm W/Hz}\hspace{0.05cm}.$$
 
''Hinweise:''
 
  
Die Aufgabe bezieht sich auf das [[Digitalsignalübertragung/Fehlerwahrscheinlichkeit_bei_Basisbandübertragung| Fehlerwahrscheinlichkeit bei Basisbandübertragung]] des vorliegenden Buches. Zur Bestimmung von Fehlerwahrscheinlichkeiten können Sie das folgende Interaktionsmodul verwenden:
 
  
[[Komplementäre Gaußsche Fehlerfunktionen]]
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Die absolute Breite der hier betrachteten Rechteck&ndash; und Dreieckfunktionen beträgt jeweils &nbsp;$T = 10 \ \rm &micro; s$.&nbsp; Die Bitrate ist &nbsp;$R = 100 \ \rm kbit/s$.&nbsp; Die weiteren Systemparameter sind wie folgt gegeben:
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:$$s_0 = 6 \,\,\sqrt{W}\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}  N_{\rm 0} = 2 \cdot 10^{-5} \,\,{\rm W/Hz}\hspace{0.05cm}.$$
  
Berücksichtigen Sie bei der Berechnung der Detektionsstörleistung das Theorem von Wiener–Chintchine:
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$$ \sigma _d ^2  = \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ - \infty }^{
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Hinweise:
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*Die Aufgabe gehört zum  Kapitel&nbsp;  [[Digitalsignalübertragung/Fehlerwahrscheinlichkeit_bei_Basisbandübertragung|"Fehlerwahrscheinlichkeit bei Basisbandübertragung"]].
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*Zur Bestimmung von Fehlerwahrscheinlichkeiten können Sie das interaktive Applet &nbsp;[[Applets:Komplementäre_Gaußsche_Fehlerfunktionen|"Komplementäre Gaußsche Fehlerfunktionen"]]&nbsp; verwenden.
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*Berücksichtigen Sie bei der Berechnung der Detektionsstörleistung das &nbsp;[[Stochastische_Signaltheorie/Leistungsdichtespektrum_(LDS)#Theorem_von_Wiener-Chintchine|Theorem von Wiener–Chintchine]]:
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:$$ \sigma _d ^2  = \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ - \infty }^{
 
+ \infty } {\left| {H_{\rm E}( f )} \right|^2
 
+ \infty } {\left| {H_{\rm E}( f )} \right|^2
 
\hspace{0.1cm}{\rm{d}}f} = \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ -
 
\hspace{0.1cm}{\rm{d}}f} = \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ -
 
\infty }^{ + \infty } {\left| {h_{\rm E}( t )} \right|^2
 
\infty }^{ + \infty } {\left| {h_{\rm E}( t )} \right|^2
 
\hspace{0.1cm}{\rm{d}}t}\hspace{0.05cm}.$$
 
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===Fragebogen===
 
===Fragebogen===
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<quiz display=simple>
  
<quiz display=simple>
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{Berechnen Sie für &nbsp;$\text{System A}$&nbsp; den Detektionsgrundimpuls &nbsp;$g_{d}(t) =  g_{ s}(t) \star h_{\rm E}(t)$.&nbsp; Welcher Wert &nbsp;$g_0 = g_{d}(t=0)$&nbsp; ergibt sich zum  Zeitpunkt &nbsp;$t = 0$?
{Multiple-Choice Frage
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|type="{}"}
|type="[]"}
+
$g_0 \hspace{0.28cm} = \ $ { 6 3% } $\ \rm W^{1/2}$
- Falsch
 
+ Richtig
 
  
 +
{Berechnen Sie daraus die Detektionsstörleistung &nbsp;$σ_{d}^2$.
 +
|type="{}"}
 +
$σ_{d}^{\hspace{0.02cm}2} \hspace{0.2cm} = \ $ { 1 3% } $\ \rm W$
  
{Input-Box Frage
+
{Welche Bitfehlerwahrscheinlichkeit &nbsp;$p_{\rm B}$&nbsp; ergibt sich somit für das &nbsp;$\text{System A}$?
 
|type="{}"}
 
|type="{}"}
$\alpha$ = { 0.3 }
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$p_{\rm B} \hspace{0.2cm} = \ $ { 0.987 10% } $\ \cdot 10^{-9}$
  
 +
{Ermitteln Sie die entsprechenden Größen für das &nbsp;$\text{System B}$&nbsp;.
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|type="{}"}
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$g_0 \hspace{0.28cm} = \ $ { 3 3% } $\ \rm W^{1/2}$
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$σ_{d}^{\hspace{0.02cm}2} \hspace{0.2cm} = \ $ { 1 3% } $\ \rm W$
 +
$p_{\rm B} \hspace{0.2cm} = \ $ { 0.135 10% } $\ \cdot 10^{-2}$
  
 +
{Wie lauten die Kenngrößen für das &nbsp;$\text{System C}$&nbsp;?
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|type="{}"}
 +
$g_0 \hspace{0.28cm} = \ $ { 3 3% } $\ \rm W^{1/2}$
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$σ_{d}^{\hspace{0.02cm}2} \hspace{0.2cm} = \ $ { 0.333 3% } $\ \rm W$
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$p_{\rm B} \hspace{0.2cm} = \ $ { 1 10% } $\ \cdot 10^{-7}$
  
 
</quiz>
 
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===Musterlösung===
 
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'''1.'''
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'''1.'''&nbsp; Beim&nbsp; '''System A'''&nbsp; führt die Faltung der beiden gleich breiten Rechteckfunktionen&nbsp; $g_{s}(t)$&nbsp; und&nbsp; $h_{\rm E}(t)$&nbsp; zu einem dreieckförmigen Detektionsgrundimpuls mit dem Maximum bei&nbsp; $t = 0$:
'''2.'''
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:$$g_d (t = 0)  =  \int_{ - T/2}^{
'''3.'''
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+ T/2} { g_s(t) \cdot h_{\rm E}( t )} \hspace{0.1cm}{\rm{d}}t =s_0
'''4.'''
+
\cdot \frac{1 }{T} \cdot T = s_0 \hspace{0.1cm}\underline { = 6 \,\,\sqrt{{\rm
'''5.'''
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W}}}\hspace{0.05cm}.$$
'''6.'''
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Es gibt keine Impulsinterferenzen,&nbsp; da für&nbsp; $| t |\ge T$&nbsp; der Detektionsimpuls&nbsp; $g_{d}(t) = 0$ &nbsp; ist.
'''7.'''
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'''2.'''&nbsp; Die Varianz des Detektionsstörsignals &ndash; hier als Detektionsstörleistung bezeichnet &ndash; kann sowohl im Zeit&ndash; als auch im Frequenzbereich berechnet werden.
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*Bei der vorliegenden Rechteckform führt die Berechnung im Zeitbereich schneller zum Ergebnis:
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:$$\sigma _d ^2  \ = \ \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ -
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\infty }^{ + \infty } {\left| {h_{\rm E}( t )} \right|^2
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\hspace{0.1cm}{\rm{d}}t} =\frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ -
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T/2 }^{ + T/2 } {\left| {h_{\rm E}( t )} \right|^2
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\hspace{0.1cm}{\rm{d}}t}  = \ \frac{N_0 }{2} \cdot\frac{1
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}{T^2} \cdot T = \frac{N_0 }{2T} = \frac{2 \cdot 10^{-5}
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\,\,{\rm W/Hz}}{2 \cdot 10^{-5} \,\,{\rm s}} \hspace{0.1cm}\underline {= 1\,{\rm
 +
W}}\hspace{0.05cm}.$$
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*Die Frequenzbereichsberechnung würde mit&nbsp; $H_{\rm E}(f) = {\rm si}(&pi;fT)$&nbsp; wie folgt aussehen:
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:$$\sigma _d ^2  = \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ - \infty }^{
 +
+ \infty } {\left| {H_{\rm E}( f )} \right|^2
 +
\hspace{0.1cm}{\rm{d}}f} =  \frac{N_0 }{2}  \cdot \int_{-
 +
\infty }^{ \infty } {\rm si}^2(\pi f T)\hspace{0.1cm}{\rm{d}}f =
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\frac{N_0 }{2T} \hspace{0.05cm}.$$
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'''3.'''&nbsp; Aufgrund der zeitlich begrenzten Impulsform&nbsp; (das bedeutet: keine Impulsinterferenzen!)&nbsp; ergibt sich bei der hier vorausgesetzten bipolaren Betrachtungsweise:
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:$$p_{\rm B} =  {\rm Q} \left( \frac{s_0}{\sigma_d}\right)= {\rm Q} \left( \frac{ 6 \,\sqrt{\rm W}}{1 \,\sqrt{\rm W}}\right)
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= {\rm Q}(6) \hspace{0.1cm}\underline {= 0.987 \cdot 10^{-9}} \hspace{0.05cm}.$$
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'''System A''' stellt die Matched&ndash;Filter&ndash;Realisierung des optimalen Binärempfängers dar,&nbsp; so dass auch folgende Gleichungen anwendbar wären:
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:$$E_{\rm B} = s_0^2 \cdot T = 36\, {\rm W} \cdot 10^{-5} {\rm s}\hspace{0.3cm}
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\Rightarrow \hspace{0.3cm} p_{\rm B} = {\rm Q} \left( \sqrt{\frac{2 \cdot E_{\rm B}}{N_0}}\right)
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={\rm Q} \left( \sqrt{\frac{2 \cdot 36 \cdot 10^{-5}\,\, {\rm Ws}}{2 \cdot 10^{-5} \,\, {\rm
 +
Ws}}}\right)={\rm Q}(6)
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\hspace{0.05cm}.$$
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'''4.'''&nbsp; Da bei&nbsp; '''System B'''&nbsp; das gleiche Empfangsfilter wie bei&nbsp; '''System A'''&nbsp; verwendet wird,&nbsp; erhält man auch die gleiche Detektionsstörleistung&nbsp; $&sigma;_{d}^2 = 1 \ \rm W$.
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*Der Detektionsgrundimpuls ist nun aber nicht mehr dreieckförmig,&nbsp; sondern weist eine spitzere Form auf.&nbsp; Zum Zeitpunkt&nbsp; $t = 0$&nbsp; gilt:
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:$$g_d (t = 0)  = \frac{1}{T} \cdot  \int_{ - T/2}^{
 +
+ T/2} { g_s(t) } \hspace{0.1cm}{\rm{d}}t = \frac{1}{T} \cdot
 +
\frac{s_0 }{2}  \cdot T = \frac{s_0 }{2}\hspace{0.1cm}\underline {= 3 \,\,\sqrt{\rm
 +
W}}\hspace{0.05cm}.$$
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*Auch das&nbsp; '''System B'''&nbsp; ist impulsinterferenzfrei.&nbsp; Man erhält deshalb für die Bitfehlerwahrscheinlichkeit:
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:$$p_{\rm B} =  {\rm Q} \left( \frac{g_d (t = 0)}{\sigma_d}\right)= {\rm Q} \left( \frac{ 3 \,\sqrt{\rm W}}{1 \,\sqrt{\rm W}}\right)
 +
= {\rm Q}(3) \hspace{0.1cm}\underline {= 0.135 \cdot 10^{-2}} \hspace{0.05cm}.$$
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*Nicht anwendbar ist dagegen hier der folgende Rechengang:
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:$$E_{\rm B} =    \int^{+\infty} _{-\infty} g_s^2(t)\,{\rm
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d}t =  2\cdot s_0^2 \cdot  \int ^{+T/2} _{0} \left( 1- \frac{2t}{T}\right)^2\,{\rm
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d}t = \frac{s_0^2 \cdot T }{3} = 12 \cdot 10^{-5} \,{\rm Ws}$$
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:$$\Rightarrow \hspace{0.3cm} p_{\rm B} = {\rm Q} \left( \sqrt{\frac{2 \cdot E_{\rm B}}{N_0}}\right)
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={\rm Q} \left( \sqrt{12}\right)={\rm Q}(3.464) \approx 3 \cdot 10^{-4}
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\hspace{0.05cm}.$$
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*Man würde so eine zu niedrige Bitfehlerwahrscheinlichkeit berechnen,&nbsp; da die implizit getroffene Annahme eines angepassten Filters nicht zutrifft.
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'''5.'''&nbsp; Bei rechteckförmigem Sendegrundimpuls und dreieckförmiger Impulsantwort &nbsp; &rArr; &nbsp; '''System C'''&nbsp; erhält man den gleichen Detektionsgrundimpuls wie bei dreieckförmigem&nbsp; $g_{\rm s}(t)$&nbsp; und&nbsp; rechteckförmigem $h_{\rm E}(t)$.
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*Wie beim&nbsp; '''System B'''&nbsp; gilt deshalb:
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:$$g_d (t = 0)  =  \frac{s_0}{2}\hspace{0.1cm}\underline {= 3 \,\,\sqrt{\rm
 +
W}}\hspace{0.05cm}.$$
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*Dagegen ist nun die Detektionsstörleistung kleiner als bei den Systemen&nbsp; '''A'''&nbsp; und&nbsp; '''B''':
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:$$\sigma _d ^2 =  \frac{N_0}{2}  \cdot \frac{1}{T^2} \cdot \int^{+T/2} _{-T/2} \left( 1- \frac{2t}{T}\right)^2\,{\rm
 +
d}t = \frac{N_0}{6T}\hspace{0.1cm}\underline { = 0.333 \,{\rm W}}.$$
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*Damit erhält man nun für die Bitfehlerwahrscheinlichkeit:
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:$$p_{\rm B} =    {\rm Q} \left( \frac{ 3 \,\sqrt{\rm W}}{0.577 \,\sqrt{\rm W}}\right)
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\approx {\rm Q}(5.2)\hspace{0.1cm}\underline { \approx  10^{-7} } \hspace{0.05cm}.$$
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*Der gegenüber Teilfrage&nbsp; '''(3)'''&nbsp; erkennbare Anstieg der Fehlerwahrscheinlichkeit um etwa den Faktor&nbsp; $100$&nbsp; ist auf die gravierende Fehlanpassung gegenüber dem Matched&ndash;Filter zurückzuführen.&nbsp; Die Verbesserung gegenüber Teilaufgabe '''(4)''' geht auf die höhere Signalenergie zurück.
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Aktuelle Version vom 30. April 2022, 15:27 Uhr

Drei verschiedene Systemkonzepte

Wir betrachten hier drei Varianten eines binären bipolaren AWGN–Übertragungssystems,  die sich hinsichtlich des Sendegrundimpulses  $g_{s}(t)$  sowie der Impulsantwort  $h_{\rm E}(t)$  des Empfangsfilters unterscheiden:

  • Beim  $\text{System A}$  sind sowohl  $g_{s}(t)$  als auch  $h_{\rm E}(t)$  rechteckförmig,  lediglich die Impulshöhen  $(s_{\rm 0}$  bzw.  $1/T)$  sind unterschiedlich.
  • Das  $\text{System B}$  unterscheidet sich vom  $\text{System A}$  durch einen dreieckförmigen Sendegrundimpuls mit  $g_{s}(t=0) = s_{\rm 0}$.
  • Das  $\text{System C}$  hat den gleichen Sendegrundimpuls wie  $\text{System A}$,  während die Impulsantwort  $h_{\rm E}(t=0) = 1/T$  dreieckförmig verläuft.


Die absolute Breite der hier betrachteten Rechteck– und Dreieckfunktionen beträgt jeweils  $T = 10 \ \rm µ s$.  Die Bitrate ist  $R = 100 \ \rm kbit/s$.  Die weiteren Systemparameter sind wie folgt gegeben:

$$s_0 = 6 \,\,\sqrt{W}\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm} N_{\rm 0} = 2 \cdot 10^{-5} \,\,{\rm W/Hz}\hspace{0.05cm}.$$



Hinweise:

$$ \sigma _d ^2 = \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ - \infty }^{ + \infty } {\left| {H_{\rm E}( f )} \right|^2 \hspace{0.1cm}{\rm{d}}f} = \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ - \infty }^{ + \infty } {\left| {h_{\rm E}( t )} \right|^2 \hspace{0.1cm}{\rm{d}}t}\hspace{0.05cm}.$$


Fragebogen

1

Berechnen Sie für  $\text{System A}$  den Detektionsgrundimpuls  $g_{d}(t) = g_{ s}(t) \star h_{\rm E}(t)$.  Welcher Wert  $g_0 = g_{d}(t=0)$  ergibt sich zum Zeitpunkt  $t = 0$?

$g_0 \hspace{0.28cm} = \ $

$\ \rm W^{1/2}$

2

Berechnen Sie daraus die Detektionsstörleistung  $σ_{d}^2$.

$σ_{d}^{\hspace{0.02cm}2} \hspace{0.2cm} = \ $

$\ \rm W$

3

Welche Bitfehlerwahrscheinlichkeit  $p_{\rm B}$  ergibt sich somit für das  $\text{System A}$?

$p_{\rm B} \hspace{0.2cm} = \ $

$\ \cdot 10^{-9}$

4

Ermitteln Sie die entsprechenden Größen für das  $\text{System B}$ .

$g_0 \hspace{0.28cm} = \ $

$\ \rm W^{1/2}$
$σ_{d}^{\hspace{0.02cm}2} \hspace{0.2cm} = \ $

$\ \rm W$
$p_{\rm B} \hspace{0.2cm} = \ $

$\ \cdot 10^{-2}$

5

Wie lauten die Kenngrößen für das  $\text{System C}$ ?

$g_0 \hspace{0.28cm} = \ $

$\ \rm W^{1/2}$
$σ_{d}^{\hspace{0.02cm}2} \hspace{0.2cm} = \ $

$\ \rm W$
$p_{\rm B} \hspace{0.2cm} = \ $

$\ \cdot 10^{-7}$


Musterlösung

1.  Beim  System A  führt die Faltung der beiden gleich breiten Rechteckfunktionen  $g_{s}(t)$  und  $h_{\rm E}(t)$  zu einem dreieckförmigen Detektionsgrundimpuls mit dem Maximum bei  $t = 0$:

$$g_d (t = 0) = \int_{ - T/2}^{ + T/2} { g_s(t) \cdot h_{\rm E}( t )} \hspace{0.1cm}{\rm{d}}t =s_0 \cdot \frac{1 }{T} \cdot T = s_0 \hspace{0.1cm}\underline { = 6 \,\,\sqrt{{\rm W}}}\hspace{0.05cm}.$$

Es gibt keine Impulsinterferenzen,  da für  $| t |\ge T$  der Detektionsimpuls  $g_{d}(t) = 0$   ist.


2.  Die Varianz des Detektionsstörsignals – hier als Detektionsstörleistung bezeichnet – kann sowohl im Zeit– als auch im Frequenzbereich berechnet werden.

  • Bei der vorliegenden Rechteckform führt die Berechnung im Zeitbereich schneller zum Ergebnis:
$$\sigma _d ^2 \ = \ \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ - \infty }^{ + \infty } {\left| {h_{\rm E}( t )} \right|^2 \hspace{0.1cm}{\rm{d}}t} =\frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ - T/2 }^{ + T/2 } {\left| {h_{\rm E}( t )} \right|^2 \hspace{0.1cm}{\rm{d}}t} = \ \frac{N_0 }{2} \cdot\frac{1 }{T^2} \cdot T = \frac{N_0 }{2T} = \frac{2 \cdot 10^{-5} \,\,{\rm W/Hz}}{2 \cdot 10^{-5} \,\,{\rm s}} \hspace{0.1cm}\underline {= 1\,{\rm W}}\hspace{0.05cm}.$$
  • Die Frequenzbereichsberechnung würde mit  $H_{\rm E}(f) = {\rm si}(πfT)$  wie folgt aussehen:
$$\sigma _d ^2 = \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{ - \infty }^{ + \infty } {\left| {H_{\rm E}( f )} \right|^2 \hspace{0.1cm}{\rm{d}}f} = \frac{N_0 }{2} \cdot \int_{- \infty }^{ \infty } {\rm si}^2(\pi f T)\hspace{0.1cm}{\rm{d}}f = \frac{N_0 }{2T} \hspace{0.05cm}.$$


3.  Aufgrund der zeitlich begrenzten Impulsform  (das bedeutet: keine Impulsinterferenzen!)  ergibt sich bei der hier vorausgesetzten bipolaren Betrachtungsweise:

$$p_{\rm B} = {\rm Q} \left( \frac{s_0}{\sigma_d}\right)= {\rm Q} \left( \frac{ 6 \,\sqrt{\rm W}}{1 \,\sqrt{\rm W}}\right) = {\rm Q}(6) \hspace{0.1cm}\underline {= 0.987 \cdot 10^{-9}} \hspace{0.05cm}.$$

System A stellt die Matched–Filter–Realisierung des optimalen Binärempfängers dar,  so dass auch folgende Gleichungen anwendbar wären:

$$E_{\rm B} = s_0^2 \cdot T = 36\, {\rm W} \cdot 10^{-5} {\rm s}\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} p_{\rm B} = {\rm Q} \left( \sqrt{\frac{2 \cdot E_{\rm B}}{N_0}}\right) ={\rm Q} \left( \sqrt{\frac{2 \cdot 36 \cdot 10^{-5}\,\, {\rm Ws}}{2 \cdot 10^{-5} \,\, {\rm Ws}}}\right)={\rm Q}(6) \hspace{0.05cm}.$$


4.  Da bei  System B  das gleiche Empfangsfilter wie bei  System A  verwendet wird,  erhält man auch die gleiche Detektionsstörleistung  $σ_{d}^2 = 1 \ \rm W$.

  • Der Detektionsgrundimpuls ist nun aber nicht mehr dreieckförmig,  sondern weist eine spitzere Form auf.  Zum Zeitpunkt  $t = 0$  gilt:
$$g_d (t = 0) = \frac{1}{T} \cdot \int_{ - T/2}^{ + T/2} { g_s(t) } \hspace{0.1cm}{\rm{d}}t = \frac{1}{T} \cdot \frac{s_0 }{2} \cdot T = \frac{s_0 }{2}\hspace{0.1cm}\underline {= 3 \,\,\sqrt{\rm W}}\hspace{0.05cm}.$$
  • Auch das  System B  ist impulsinterferenzfrei.  Man erhält deshalb für die Bitfehlerwahrscheinlichkeit:
$$p_{\rm B} = {\rm Q} \left( \frac{g_d (t = 0)}{\sigma_d}\right)= {\rm Q} \left( \frac{ 3 \,\sqrt{\rm W}}{1 \,\sqrt{\rm W}}\right) = {\rm Q}(3) \hspace{0.1cm}\underline {= 0.135 \cdot 10^{-2}} \hspace{0.05cm}.$$
  • Nicht anwendbar ist dagegen hier der folgende Rechengang:
$$E_{\rm B} = \int^{+\infty} _{-\infty} g_s^2(t)\,{\rm d}t = 2\cdot s_0^2 \cdot \int ^{+T/2} _{0} \left( 1- \frac{2t}{T}\right)^2\,{\rm d}t = \frac{s_0^2 \cdot T }{3} = 12 \cdot 10^{-5} \,{\rm Ws}$$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm} p_{\rm B} = {\rm Q} \left( \sqrt{\frac{2 \cdot E_{\rm B}}{N_0}}\right) ={\rm Q} \left( \sqrt{12}\right)={\rm Q}(3.464) \approx 3 \cdot 10^{-4} \hspace{0.05cm}.$$
  • Man würde so eine zu niedrige Bitfehlerwahrscheinlichkeit berechnen,  da die implizit getroffene Annahme eines angepassten Filters nicht zutrifft.


5.  Bei rechteckförmigem Sendegrundimpuls und dreieckförmiger Impulsantwort   ⇒   System C  erhält man den gleichen Detektionsgrundimpuls wie bei dreieckförmigem  $g_{\rm s}(t)$  und  rechteckförmigem $h_{\rm E}(t)$.

  • Wie beim  System B  gilt deshalb:
$$g_d (t = 0) = \frac{s_0}{2}\hspace{0.1cm}\underline {= 3 \,\,\sqrt{\rm W}}\hspace{0.05cm}.$$
  • Dagegen ist nun die Detektionsstörleistung kleiner als bei den Systemen  A  und  B:
$$\sigma _d ^2 = \frac{N_0}{2} \cdot \frac{1}{T^2} \cdot \int^{+T/2} _{-T/2} \left( 1- \frac{2t}{T}\right)^2\,{\rm d}t = \frac{N_0}{6T}\hspace{0.1cm}\underline { = 0.333 \,{\rm W}}.$$
  • Damit erhält man nun für die Bitfehlerwahrscheinlichkeit:
$$p_{\rm B} = {\rm Q} \left( \frac{ 3 \,\sqrt{\rm W}}{0.577 \,\sqrt{\rm W}}\right) \approx {\rm Q}(5.2)\hspace{0.1cm}\underline { \approx 10^{-7} } \hspace{0.05cm}.$$
  • Der gegenüber Teilfrage  (3)  erkennbare Anstieg der Fehlerwahrscheinlichkeit um etwa den Faktor  $100$  ist auf die gravierende Fehlanpassung gegenüber dem Matched–Filter zurückzuführen.  Die Verbesserung gegenüber Teilaufgabe (4) geht auf die höhere Signalenergie zurück.