Aufgabe 4.14: 8-PSK und 16-PSK
Betrachtet wird nun eine Signalmenge $\{s_i(t)\}$, die auf den Zeitbereich $0 ≤ t ≤ T$ begrenzt ist. Der Index $i$ durchläuft die Werte $0, \ ... \ , M–1$:
- $$s_i(t) = A \cdot \cos \left ( 2\pi f_{\rm T}t + { 2\pi }/{ M} \cdot i \right ) \hspace{0.05cm}.$$
Es handelt sich hierbei um eine Phasenmodulation mit $M$ Signalformen. Man nennt dieses Modulationsverfahren auch M–PSK. $M$ ist meist eine Zweierpotenz.
Die Grafik zeigt die Signalraumkonstellation für $M = 8$ (oben) und $M = 16$ (unten). Alle Signalraumpunkte haben gleiche Energie $||\boldsymbol{s}_i||^2 = E_{\rm S}$ („mittlere Symbolenergie”).
Die exakte Berechnung der Fehlerwahrscheinlichkeit ist für $M ≠ 2$ schwierig. Angegeben werden kann dagegen stets die sogenannte Union Bound als obere Schranke für die Symbolfehlerwahrscheinlichkeit ($p_{\rm UB} ≥ p_{\rm S}$):
- $$ p_{\rm UB} = 2 \cdot {\rm Q} \left ( \frac{ d/2}{ \sigma_n}\right ) = 2 \cdot {\rm Q} \left (\sqrt{ \frac{ d^2}{ 2 N_0}}\right ) \hspace{0.05cm}.$$
Hierbei sind folgende Größen verwendet:
- $d$ ist der Abstand zwischen zwei benachbarten Punkten, zum Beispiel zwischen $\boldsymbol{s}_0$ und $\boldsymbol{s}_1$. Verläuft die Entscheidungsgrenze senkrecht zur Verbindungslinie von $\boldsymbol{s}_0$ und $\boldsymbol{s}_1$ genau mittig, so ist $d/2$ der Abstand von $\boldsymbol{s}_0$ bzw. $\boldsymbol{s}_1$ von dieser Entscheidungsgrenze.
- Die Varianz des AWGN–Rauschens ist $\sigma_n^2 = N_0/2$.
- Der Faktor $2$ in obiger Grenze berücksichtigt, dass für $M > 2$ jeder Signalraumpunkt in zwei Richtungen verfälscht werden kann, zum Beispiel bei der 8–PSK das Symbol $\boldsymbol{s}_0$ in das Symbol $\boldsymbol{s}_1$ oder in das Symbol $\boldsymbol{s}_7$.
- ${\rm Q}(x)$ ist die komplementäre Gaußsche Fehlerfunktion, für die folgende Näherung gilt:
- $${\rm Q}(x) \approx \frac{1}{\sqrt{2\pi} \cdot x} \cdot {\rm e}^{-x^2/2} \hspace{0.05cm}.$$
In der letzten Teilaufgabe geht es um die Bitfehlerwahrscheinlichkeit. Für diese wurde im Theorieteil unter der Voraussetzung eines Graycodes folgende Schranke angegeben:
- $$p_{\rm B} \le \frac{2}{{\rm log_2} \hspace{0.05cm}(M)} \cdot {\rm Q} \left ( \sqrt{{\rm log_2} \hspace{0.05cm}(M)} \cdot \sin ({ \pi}/{ M}) \cdot \sqrt{ { {2E_{\rm B}}}/{ N_0} }\right ) \hspace{0.05cm}.$$
Diese Gleichung ist allerdings nur für $M > 4$ anzuwenden. Dagegen ergibt sich
- für $M = 2$ aus der Identität mit der BPSK, und
- für $M = 4$ aus der Tatsache, dass die 4–PSK mit der 4–QAM identisch ist,
die exakte Lösung
- $$p_{\rm B} ={\rm Q} \left ( \sqrt{ { {2E_{\rm B}}}/{ N_0} }\right ) \hspace{0.05cm}.$$
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Themengebiet des Kapitels Trägerfrequenzen mit kohärenter Demodulation.
- Bezug genommen eird insbesondere auf die Seite Mehrstufiges Phase Shift Keying.
- Bei der Lösung der Aufgabe können Sie folgende Gleichungen verwenden:
- $$\cos(\alpha + \beta) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \cos(\alpha ) \cdot \cos( \beta) - \sin(\alpha ) \cdot \sin( \beta)\hspace{0.05cm}, \hspace{0.25cm} 1 - \cos(2\alpha ) = \sin^2(\alpha )\hspace{0.05cm},$$
- $$ \int_{0}^{T} \cos^2 ( 2\pi f_{\rm T}t) \,{\rm d} t \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 0.5\hspace{0.05cm},\hspace{0.15cm}{\rm falls}\hspace{0.15cm} f_{\rm T} \gg 1/T \hspace{0.05cm}.$$
- Die Zuordnung der 8 bzw. 16 Symbole zu Binärfolgen der Länge 3 bzw. 4 nach der Graycodierung kann der Grafik entnommen werden (rote Beschriftung).
Fragebogen
Musterlösung
- Die Signalmenge kann im Bandpassbereich mit der angegebenen trigonometrischen Umformung wie folgt dargestellt werden:
- $$s_i(t) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} A \cdot \cos \left ( 2\pi f_{\rm T}t + { 2\pi }/{ M} \cdot i \right ) = A \cdot \cos \left ( { 2\pi }/{ M} \cdot i \right ) \cdot \cos \left ( 2\pi f_{\rm T}t \right )- A \cdot \sin \left ( { 2\pi }/{ M} \cdot i \right ) \cdot \sin \left ( 2\pi f_{\rm T}t \right )\hspace{0.05cm}.$$
- Die jeweils ersten Terme in dieser Differenz führen zum Signalraumpunkt $\boldsymbol{s}_i$, die jeweils zweiten zu den Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$. Hierbei ist zu beachten, dass diese jeweils energienormiert sein müssen:
- $$\int_{0}^{T} \varphi_1 ( t)^2 \,{\rm d} t = \int_{0}^{T} \left [K \cdot \cos( 2\pi f_{\rm T}t)\right ]^2 \,{\rm d} t = 1\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} \frac{K^2 \cdot T}{2} = 2 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} K = \sqrt{2/T } \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \varphi_1 ( t) = \sqrt{2/T } \cdot \cos( 2\pi f_{\rm T}t)\hspace{0.05cm}.$$
- Mit gleichem Rechenweg kommt man zur zweiten Basisfunkion:
- $$\varphi_2 ( t) = -\sqrt{2/T } \cdot \sin( 2\pi f_{\rm T}t)\hspace{0.05cm}.$$
(2) Richtig sind die Lösungsvorschläge 1 und 4:
- Unter Verwendung der eben berechneten Basisfunktionen kann die Signalmenge $s_i(t)$ wie folgt dargestellt werden (wiederum begrenzt auf den Bereich $0 ≤ t ≤ T$):
- $$s_i(t) = A \cdot \sqrt{T/2 } \cdot \cos ( 2\pi \cdot i /M ) \cdot \varphi_1 ( t)+ A \cdot \sqrt{T/2 } \cdot \sin ( 2\pi \cdot i /M ) \cdot \varphi_2 ( t) \hspace{0.05cm}.$$
- Mit der für alle $M$ Punkte gleichen Energie $E = 0.5 \cdot A^2 \cdot T$, die gleichzeitig die mittlere Signalenergie pro Symbol ($E_{\rm S}$) ist, lautet obige Gleichung
- $$s_i(t) = s_{{\rm I}i} \cdot \varphi_1 ( t)+ s_{{\rm Q}i} \cdot \varphi_2 ( t)\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} s_{{\rm I}i} = \sqrt{E_{\rm S} }\cdot \cos ( 2\pi \cdot i /M )\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} s_{{\rm Q}i} = \sqrt{E_{\rm S} }\cdot \sin ( 2\pi \cdot i /M )\hspace{0.05cm}. $$
- Die in der Grafik auf der Angabenseite für $M = 8$ bzw. $M = 16$ skizzierten Signalraumpunkte lassen sich genau in dieser Weise darstellen.
- $$d_{\rm norm}^2 \hspace{-0.01cm}=\hspace{-0.01cm} \sin^2(\frac{2\pi}{M}) + [1- \cos(\frac{2\pi}{M})]^2 = :2 \cdot [1- \cos( \frac{2\pi}{M} )] = 4 \cdot \sin^2(\pi/M )\hspace{0.05cm} $$
- $$\Rightarrow \hspace{0.3cm} d_{\rm norm}= 2 \cdot \sin({\pi}/{M }) \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} d = 2\sqrt {E_{\rm S}} \cdot \sin{\pi}/{M })\hspace{0.05cm}.$$
Daraus ergeben sich folgende Zahlenwerte:
- $$M = 8\hspace{-0.09cm}: \hspace{0.2cm}d \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \underline{0.765} \cdot \sqrt {E_{\rm S} } \hspace{0.05cm},$$
- $$M = 16\hspace{-0.09cm}: \hspace{0.2cm} d \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \underline{0.390} \cdot \sqrt {E_{\rm S} } \hspace{0.05cm}.$$
(4) Mit dem Ergebnis aus (3) erhält man mit der vorne angegebenen Gleichung:
- $$p_{\rm S} \le p_{\rm UB} = 2 \cdot {\rm Q} \left [ \sin ({ \pi}/{ M}) \cdot \sqrt{ { 2E_{\rm S}}/{ N_0}} \right ] \hspace{0.05cm}.$$
Mit $E_{\rm S}/N_0 = 50$ ⇒ $(2E_{\rm S}/N_0)^{\rm 0.5} = 10$ folgt daraus:
- $$M = 8\hspace{-0.09cm}: \hspace{0.2cm}p_{\rm UB} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 2 \cdot {\rm Q} ( 10 \cdot 0.383 )= 2 \cdot {\rm Q} ( 3.83 ) \approx \underline{0.014 \%} \hspace{0.05cm},$$
- $$ M = 16\hspace{-0.09cm}: \hspace{0.2cm} p_{\rm UB} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 2 \cdot {\rm Q} ( 10 \cdot 0.195 )= 2 \cdot {\rm Q} ( 1.95 ) \approx \underline{6 \%} \hspace{0.05cm}.$$
Anzumerken ist, dass die Fehlerwahrscheinlichkeit mit steigendem $M$ immer größer wird, wenn man – wie hier – von einem konstanten $E_{\rm S}/N_0$ ausgeht. Der günstigste Wert ergäbe sich für $M = 2$ (der Faktor $2$ der Union Bound ist dann nämlich nicht notwendig) zu
- $$M = 2\hspace{-0.09cm}: \hspace{0.2cm}p_{\rm UB} = p_{\rm S} = {\rm Q} ( 10 ) \approx { 10^{-23}}.$$
Mehrstufige PSK würde also keinen Sinn machen, wenn es nicht andere Gründe für deren Anwendung gäbe, worauf in der Teilaufgabe (6) noch eingegangen wird.
(5) Richtig ist JA. Die Grafik zeigt die Konstellation für 8–PSK und 16–PSK, jeweils gültig unter der Annahme, dass $\boldsymbol{s}_0$ gesendet wurde. Die Höhenlinien der AWGN–WDF sind dann Kreise um $\boldsymbol{s}_0$.
Es gelten folgende Aussagen:
- Die tatsächliche Fehlerwahrscheinlichkeit $p_{\rm S}$ setzt sich aus den Anteilen A, B und C zusammen.
- Dagegen ergibt sich die „Union Bound” ($p_{\rm S}$) aus A + B (Verfälschung in das Symbol $\boldsymbol{s}_1$) plus B + C (Verfälschung in das Symbol $\boldsymbol{s}_{\it M–1}$).
- Damit gilt stets $p_{\rm S} = p_{\rm UB}$ – B. Der Anteil B ist aber um so kleiner, je größer $M$ ist.
(6) Zur Überprüfung gehen wir beispielsweise von $p_{\rm B} = 10^{\rm –4}$ aus. Daraus folgt für $M = 2$ und $M = 4$:
- $$p_{\rm B} ={\rm Q} \left ( \sqrt{ { {2E_{\rm B}}}/{ N_0} }\right ) = 10^{-4}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \sqrt{ { {2E_{\rm B}}}/{ N_0} } \approx 3.72 \hspace{0.05cm}.$$
Dagegen gilt mit der angegebenen Gleichung $M = 8$:
- $$p_{\rm B} \hspace{-0.1cm} \ \le \ \hspace{-0.1cm} \frac{2}{{\rm log_2} \hspace{0.05cm}(M)} \cdot {\rm Q} \left ( \sqrt{{\rm log_2} \hspace{0.05cm}(M)} \cdot \sin ({ \pi}/{ M}) \cdot \sqrt{ { {2E_{\rm S}}}/{ N_0} }\right )= {2}/{3} \cdot {\rm Q} \left ( \sqrt{3} \cdot 0.383 \cdot 3.72 \right ) \approx {2}/{3} \cdot {\rm Q} \left ( 2.46 \right ) \approx 0.46 \% \hspace{0.05cm}.$$
Entsprechend erhält man für $M = 16$ ⇒ ${\rm ld} (M) = 4$:
- $$p_{\rm B} = {2}/{4} \cdot {\rm Q} \left ( \sqrt{4} \cdot 0.195 \cdot 3.72 \right ) \approx {1}/{2} \cdot {\rm Q} \left ( 1.45 \right ) \approx 4.8 \% \hspace{0.05cm}.$$
Richtig sind also die Aussagen 1 und 4:
- Der wesentliche Vorteil einer höherstufigen PSK ist also nicht die niedrigere Bitfehlerrate, sondern der geringere Bedarf an der sehr teueren Ressource „Bandbreite”.
- Außerdem ist zu beachten, dass die Ergebnisse völlig anders sind, wenn ein (stark) verzerrender Kanal vorliegt, wie in der Leitungsgebundenen Übertragungstechnik üblich.