Lineare Nyquistentzerrung
Struktur des optimalen Nyquistentzerrers
In diesem Abschnitt gehen wir von folgendem Blockschaltbild eines Binärsystems aus.
Hierzu ist anzumerken:
- Die Diracquelle liefert die zu übertragende Nachricht (Amplitudenkoeffizienten aν) in binärer bipolarer Form. Sie wird als redundanzfrei vorausgesetzt.
- Die Sendeimpulsform gs(t) wird durch den Senderfrequenzgang HS(f) berücksichtigt. Bei allen Beispielen ist HS(f) = si(π f T) zugrunde gelegt.
- Bei manchen Herleitungen werden Sender und Kanal – hierfür wird meist ein Koaxialkabel angenommen – durch den gemeinsamen Frequenzgang HSK(f) = HS(f) · HK(f) zusammengefasst.
- Das Empfangsfilter HE(f) setzt sich multiplikativ aus dem Matched–Filter HMF(f) = HSK∗(f) und dem Transversalfilter HTF(f) zusammen, zumindest kann es gedanklich so aufgespalten werden.
- Der Gesamtfrequenzgang zwischen der Diracquelle und dem Schwellenwertentscheider soll die erste Nyquistbedingung erfüllen. Es muss also gelten:
- HS(f)⋅HK(f)⋅HMF(f)⋅HTF(f)=HNyq(f).
- Mit dieser Bedingung ergibt sich die maximale Augenöffnung (keine Impulsinterferenzen). Deshalb gelten für das Detektions–SNR und den Systemwirkungsgrad bei binärer Signalisierung:
- ρd=2⋅s20⋅Tσ2d=2⋅s20⋅TN0⋅1σ2d,norm⇒η=ρdρd,max=ρd2⋅s20⋅T/N0=1σ2d,norm.
- Die Optimierungsaufgabe beschränkt sich also darauf, das Empfangsfilter HE(f) so zu bestimmen, dass die normierte Rauschleistung vor dem Entscheider den kleinstmöglichen Wert annimmt:
- σ2d,norm=σ2dN0/T=T⋅∫+∞−∞|HE(f)|2df!=Minimum.
- Wir bezeichnen die Konfiguration als Optimale Nyquistentzerrung (ONE). Obwohl diese auch – und besonders effektiv – bei Mehrstufensystemen anwendbar ist, setzen wir zunächst M = 2.
Wirkungsweise des Transversalfilters (1)
Verdeutlichen wir uns zunächst die Aufgabe des symmetrischen Transversalfilters
HTF(f)∙−−−∘hTF(t)=+N∑λ=−Nkλ⋅δ(t−λ⋅T).
N gibt die Ordnung des Filters an. Für die Filterkoeffizienten gilt k–λ = kλ. Dieses Filter ist somit durch die Koeffizienten k0, ... , kN vollständig bestimmt. Die Grafik zeigt ein Filter zweiter Ordnung (N = 2).
Für den Eingangsimpuls gm(t) setzen wir ohne Einschränkung der Allgemeingültigkeit voraus, dass dieser
- symmetrisch um t = 0 ist (Ausgang des Matched–Filters),
- zu den Zeiten νT und –νT den Wert gm(ν) besitzt.
Damit sind die Eingangsimpulswerte:
...,gm(3),gm(2),gm(1),gm(0),gm(1),gm(2),gm(3),....
Für den Detektionsgrundimpuls gd(t) am Filterausgang ergeben sich demzufolge zu den Zeitpunkten νT mit den Abkürzungen g0 = gd(t = 0), g1 = gd(t = ±T), g2 = gd(t = ±2T) folgende Werte:
t=0:g0=k0⋅gm(0)+k1⋅2⋅gm(1)+k2⋅2⋅gm(2), t=±T:g1=k0⋅gm(1)+k1⋅[gm(0)+gm(2)]+k2⋅[gm(1)+gm(3)], t=±2T:g2=k0⋅gm(2)+k1⋅[gm(1)+gm(3)]+k2⋅[gm(2)+gm(4)].
Aus diesem System mit drei linear unabhängigen Gleichungen kann man nun die Filterkoeffizienten k0, k1 und k2 so bestimmen, dass der Detektionsgrundimpuls gd(t) durch die normierten Stützstellen
...,g3,g2=0,g1=0,g0=1,g1=0,g2=0,g3,...
vollständig gegeben ist. Auf der nächsten Seite wird die Optimierung der Filterkoeffizienten an einem einfachen Beispiel verdeutlicht.
Wirkungsweise des Transversalfilters (2)
gm(t)=exp(−√2⋅|t|/T)
⇒gm(0)=1,gm(1)=0.243,gm(2)=0.135,gm(3)=0.086,gm(4)=0.059.
Für den Ausgangsimpuls soll gd(0) = 1 und gd(±T) = 0 gelten. Hierzu eignet sich ein Laufzeitfilter erster Ordnung mit den Koeffizienten k0 und k1, die folgende Bedingungen erfüllen müssen:
t=±T:g1=k0⋅0.243+k1⋅[1.000+0.135]=0⇒k1=−0.214⋅k0, t=0:g0=k0⋅1.000+k1⋅2⋅0.243=1⇒0.896⋅k0=1.
Daraus erhält man die optimalen Filterkoeffizienten <nobr>k0 = 1.116</nobr> und k1 = 0.239. Das mittlere Diagramm zeigt, dass damit der erste Vorläufer und der erste Nachläufer kompensiert werden können und zugleich gd(0) = 1 gilt (gelbe Hinterlegung). Die weiteren Detektionsgrundimpulswerte (blaue Kreise) sind aber von 0 verschieden und bewirken Impulsinterferenzen.
Das untere Diagramm zeigt, dass mit einem Filter zweiter Ordnung (N = 2) Nulldurchgänge bei ±T und bei ±2T erzwungen werden, wenn die Koeffizienten k0 = 1.127, k1 = 0.219 und k2 = 0.075 geeignet gewählt sind. Das Gleichungssystem zur Bestimmung der optimalen Koeffizienten lautet dabei:
t=0:g0=k0⋅1.000+k1⋅2⋅0.243+k2⋅2⋅0.135=1,t=±T:g1=k0⋅0.243+k1⋅[1.000+0.135]+k2⋅[0.243+0.086]=0,t=±2T:g2=k0⋅0.135+k1⋅[0.243+0.086]+k2⋅[1.000+0.059]=0.
Die Ergebnisse können wie folgt verallgemeinert werden:
- Mit einem Laufzeitfilter N–ter Ordnung können der Hauptwert gd(0) zu 1 (normiert) sowie die ersten N Nachläufer und die ersten N Vorläufer zu Null gemacht werden.
- Weitere Vor– und Nachläufer (|ν| > N) lassen sich so nicht kompensieren. Es ist auch möglich, dass diese außerhalb des Kompensationsbereichs vergrößert werden oder sogar neu entstehen.
- Im Grenzübergang N → ∞ (in der Praxis heißt das: ein Filter mit sehr vielen Koeffizienten) ist eine vollständige Nyquistentzerrung und damit eine impulsinterferenzfreie Übertragung möglich.