Digitalsignalübertragung/Ursachen und Auswirkungen von Impulsinterferenzen: Unterschied zwischen den Versionen

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In der Aufgabe A3.1 wird die hier betrachtete Impulsantwort noch eingehend analysiert. Weiterhin verweisen wir auf das folgende Interaktionsmodul: [[:File:Zeitverhalten_von_Kupferkabeln.swf|Zeitverhalten von Kupferkabeln]]<br>
 
In der Aufgabe A3.1 wird die hier betrachtete Impulsantwort noch eingehend analysiert. Weiterhin verweisen wir auf das folgende Interaktionsmodul: [[:File:Zeitverhalten_von_Kupferkabeln.swf|Zeitverhalten von Kupferkabeln]]<br>
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== Blockschaltbild und Voraussetzungen für Kapitel 3 ==
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Betrachten wir nochmals das Blockschaltbild eines Übertragungssystems mit stark verzerrendem Kanal.<br>
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[[Datei:P ID1369 Dig T 3 1 S5 version1.png|fit|Blockschaltbild eines  Systems mit verzerrendem Kanal]]<br>
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Aufgrund des in der Grafik rot hervorgehobenen Kanalfrequenzgangs <i>H</i><sub>K</sub>(<i>f</i>) ergeben sich auch für die anderen Systemkomponenten gewisse Einschränkungen:
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*Der Empfangsgrundimpuls <i>g<sub>r</sub></i>(<i>t</i>) = <i>g<sub>s</sub></i>(<i>t</i>) &#8727; <i>h</i><sub>K</sub>(<i>t</i>) erstreckt sich über Hunderte von Bits (siehe letzte Seite). Deshalb kann das Empfangsfilter <i>H</i><sub>E</sub>(<i>f</i>) nicht als [http://www.lntwww.de/Digitalsignal%C3%BCbertragung/Fehlerwahrscheinlichkeit_bei_Basisband%C3%BCbertragung#Optimaler_Bin.C3.A4rempf.C3.A4nger_-_Realisierung_mit_Matched-Filter_.281.29 Matched&ndash;Filter] angesetzt werden, da so die Dauer des Detektionsgrundimpulses <i>g<sub>d</sub></i>(<i>t</i>) gegenüber <i>g<sub>r</sub></i>(<i>t</i>) nochmals etwa verdoppelt würde.<br>
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*Vielmehr muss <i>H</i><sub>E</sub>(<i>f</i>) die enormen Dämpfungsverzerrungen (<i>&alpha;</i><sub>2</sub>&ndash;Term) und Phasenverzerrungen (<i>&beta;</i><sub>2</sub>&ndash;Term) des koaxialen Kanals <i>H</i><sub>K</sub>(<i>f</i>) kompensieren, wenn wie in den Kapiteln 3.1 bis 3.5 von einem einfachen Schwellenwertentscheider ausgegangen wird.<br>
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*Diese lineare Form der Signalentzerrung kann durch aufwändigere Entscheiderstrategien &ndash; wie in den Kapiteln 3.6 bis 3.8 (Entscheidungsrückkopplung, Korrelationsempfäger,  Viterbi&ndash;Empfänger) beschrieben &ndash; unterstützt werden. Bei leitungsgebundener Übertragung kann aber aufgrund der sehr starken Verzerrungen auf eine lineare Signalentzerrung nicht vollständig verzichtet werden.<br>
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*Das Rauschen <i>n</i>(<i>t</i>) wird weiterhin als additiv, weiß und gaußverteilt (AWGN) angesetzt, was bei einem Koaxialkabel gerechtfertigt ist. Bei einer Zweidrahtleitung ist das Nebensprechen von benachbarten Kupferadern die dominante Störung, wie im Kapitel [http://www.lntwww.de/Beispiele_von_Nachrichtensystemen ISDN] (<i>Integrated Services Digital Network</i>) im Buch &bdquo;Beispiele von Nachrichtensystemen&rdquo; ausführlich dargelegt wird.<br><br>
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Zunächst betrachten wir in den Kapiteln 3.2 und 3.3 die binäre bipolare redundanzfreie Übertragung, wobei die Bitrate <i>R</i><sub>B</sub> = 1/<i>T</i> beträgt. Dabei wird stets vorausgesetzt:
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*Der Sendegrundimpuls <i>g<sub>s</sub></i>(<i>t</i>) ist NRZ&ndash;rechteckförmig mit Amplitude <i>s</i><sub>0</sub> und Dauer <i>T</i>. Somit ist das Sendesignal <i>s</i>(<i>t</i>) zu allen Zeiten gleich &plusmn;<i>s</i><sub>0</sub>. Die Spektralfunktion lautet: <i>G<sub>s</sub></i>(<i>f</i>) = <i>s</i><sub>0</sub> &middot; <i>T</i> &middot; si(&pi; <i>f</i> <i>T</i>).<br>
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*Eine Aufteilung entsprechend der Wurzel&ndash;Wurzel&ndash;Charakteristik macht bei leitungsgebundener Übertragung keinen Sinn. Es würden bereits beim Sender zu starke Impulsinterferenzen auftreten.<br><br>
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Der Einfluss von Impulsinterferenzen bei mehrstufiger und/oder codierter Digitalsignalübertragung wird im Kapitel 3.4 behandelt.<br>
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Version vom 23. Dezember 2016, 16:01 Uhr


Definition des Begriffs „Impulsinterferenz” (1)


Für die beiden ersten Kapitel dieses Buches wurde vorausgesetzt, dass der Detektionsgrundimpuls gd(t)

  • entweder auf den Zeitbereich |t| ≤ T begrenzt ist, oder
  • äquidistante Nulldurchgänge im Symbolabstand T aufweist.

Bezeichnen wir die Abtastwerte von gd(t) bei Vielfachen der Symboldauer T (Abstand der Impulse) als die Detektionsgrundimpulswerte, so wurde in den Kapiteln 1 und 2 stillschweigend vorausgesetzt:

\[g_\nu = g_d(\nu T) = \left\{ \begin{array}{c} g_0 \\ \\ 0 \\ \end{array} \right.\quad \begin{array}{*{1}c} {\rm{f\ddot{u}r}}\\ \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ \end{array} \begin{array}{*{20}c}\nu = 0, \\ \\ \nu \ne 0. \\ \end{array}\]

Als Konsequenz dieser Annahme hat sich daraus ergeben, dass der Nutzanteil (Index „S”)

\[d_{\rm S}(t) = \sum_{\nu = -\infty}^{+\infty} a_\nu \cdot g_d ( t - \nu \cdot T) \hspace{0.3cm}{\rm mit}\hspace{0.3cm}a_\nu \in \{ -1, +1\}\]

des Detektionssignals zu den Zeitpunkten νT nur zwei verschiedene Werte annehmen kann, nämlich ±g0.

Die obere der beiden Grafiken zeigt dS(t) für diesen impulsinterferenzfreien Fall mit g0 = s0 und gν≠0 = 0. Darunter gezeichnet ist der Signalverlauf für die Detektionsgrundimpulswerte

\[g_0 = 0.6 \cdot s_0, \hspace{0.2cm}g_{-1} = g_{1} =0.2 \cdot s_0, \hspace{0.2cm}g_\nu =0\hspace{0.3cm}{\rm f\ddot{u}r}\hspace{0.3cm} |\nu| \ge 2 \hspace{0.05cm},\]

die Impulsinterferenzen hervorrufen.


Detektionssignale mit und ohne Impulsinterferenzen

In beiden Bildern ist der (jeweils dreieckförmige) Detektionsgrundimpuls gd(t) rot eingezeichnet. Die Detektionszeitpunkte νT sind jeweils durch blaue Kreise markiert. Die Bildbeschreibung wird auf der nächsten Seite fortgesetzt.


Definition des Begriffs „Impulsinterferenz” (2)


Man erkennt aus dem unteren Signalverlauf auf der vorherigen Seite:

  • Der Detektionsgrundimpuls gd(t) ist nun im Bereich |t| ≤ 1.5T von Null verschieden und erfüllt somit nicht mehr die Nyquist–Bedingung der Impulsinterferenzfreiheit.
  • Dies hat zur Folge, dass zu den (mit Kreisen markierten) Detektionszeitpunkten nicht nur zwei Werte (±s0) möglich sind wie im oberen Bild. Vielmehr gilt für die Detektionsnutzabtastwerte:
\[d_{\rm S}(\nu \cdot T) \in \{ \pm s_0, \pm 0.6 s_0,\pm 0.2 s_0\}\hspace{0.05cm}.\]
  • Die Abtastwerte, die aufgrund ungünstiger Nachbarimpulse nahe an der Schwelle liegen, werden durch das AWGN–Rauschen (mit Rauscheffektivwert σd) häufiger verfälscht als die weiter außen liegenden Abtastwerte.
  • Beispielhaft werden mit σd/s0 = 0.2 die blau ausgefüllten Punkte nahe der Schwelle mit großer Wahrscheinlichkeit pS = Q(1) ≈ 16% verfälscht und die äußeren Punkte (mit weißem Kern) nur mit pS = Q(5) ≈ 3 · 10–7. Die Fehlerwahrscheinlichkeit der gelb gefüllten Punkte (alle im Abstand 0.6 · s0 von der Null–Linie) liegt dazwischen:
\[p_{\rm S} ={\rm Q} (3) \approx 0.13 \% \hspace{0.05cm}.\]

Bisher wurden die Auswirkungen von Impulsinterferenzen möglichst anschaulich dargelegt. Es fehlt noch eine exakte Begriffsbestimmung.

: Unter Impulsinterferenz (englisch: Intersymbol Interference, ISI) versteht man die Beeinträchtigung einer Symbolentscheidung aufgrund einer Impulsverbreiterung (Zeitdispersion) und damit verbunden eine Abhängigkeit der Fehlerwahrscheinlichkeit von den Nachbarsymbolen.


In anderen Worten:

  • Durch abfallende Flanken vorangegangener Impulse („Nachläufer”) und ansteigende Flanken folgender Impulse („Vorläufer”) wird der momentan anliegende Detektionsabtastwert verändert.
  • Dadurch kann die Wahrscheinlichkeit einer Fehlentscheidung für das aktuelle Symbol vergrößert oder verkleinert werden, je nachdem, ob der Abstand zur Schwelle kleiner oder größer wird.
  • Im statistischen Mittel – also bei Betrachtung einer (unendlich) langen Symbolfolge – führt dies stets zu einer (beträchtlichen) Erhöhung der (mittleren) Symbolfehlerwahrscheinlichkeit pS.


Mögliche Ursachen für Impulsinterferenzen


Die nachfolgende Grafik zeigt das Augendiagramm für ein

  • impulsinterferenzbehaftetes System ohne Rauschen (links),
  • ein impulsinterferenzfreies System ohne Rauschen (Mitte),
  • das gleiche impulsinterferenzfreie System mit Rauschen (rechts).

Auf die Definition, Bedeutung und Berechnung des Augendiagramms wird im Kapitel 3.2 noch ausführlich eingegangen. Die Bilder wurden mit dem Programm „bas” erzeugt. Hinweis zum Download dieses Programms aus LNTsim finden Sie am Beginn dieses Kapitels unter Kapitelüberblick.

Augendiagramme mit und ohne Impulsinterferenzen

Diese Bilder können wie folgt interpretiert werden:

  • Das mittlere Diagramm stammt von einem Nyquistsystem mit Cosinus–Rolloff–Charakteristik (Rolloff–Faktor r = 0.5). Es treten somit keine Impulsinterferenzen auf.
  • Auch das rechte Augendiagramm stammt von einem impulsinterferenzfreien System (genauer gesagt: vom gleichen System wie die mittlere Grafik), obwohl hier d(νT) = ±s0 nicht zutrifft. Die Abweichungen von den Sollwerten ±s0 sind hier auf das AWGN–Rauschen zurückzuführen.
  • Aus diesem letzten Punkt folgt die wichtige Erkenntnis: Die Frage, ob ein impulsinterferenzfreies oder ein impulsinterferenzbehaftetes System vorliegt, kann nur anhand des Detektionssignals (bzw. des Augendiagramms) ohne Rauschen entschieden werden.
  • Das linke Diagramm weist auf Impulsinterferenzen hin, da hier kein Rauschen berücksichtigt ist. Ein Grund für diese Impulsinterferenzen könnte sein, dass der Gesamtfrequenzgang von Sender und Empfänger das erste Nyquistkriterium aufgrund von Toleranzen nicht exakt erfüllt.
  • Impulsinterferenzen entstehen aber auch bei einem Kanal mit frequenzabhängigem Frequenzgang HK(f), wenn es dem Empfänger nicht gelingt, die Dämpfungs– und Phasenverzerrungen des Kanals vollständig (hundertprozentig) zu kompensieren.
  • Letztendlich kommt es auch beim mittleren System zu Impulsinterferenzen, wenn nicht exakt in Augenmitte entschieden wird, sondern zu einem Detektionszeitpunkt TD ≠ 0. In diesem Fall müssen dann die Detektionsgrundimpulswerte zu gν = gd(TD + ν · T) definiert werden.


Einige Anmerkungen zum Kanalfrequenzgang


Für die weiteren Abschnitte von Kapitel 3 wird meist von folgendem Blockschaltbild ausgegangen.


Blockschaltbild eines Systems mit verzerrendem Kanal

Der wesentliche Unterschied gegenüber dem Blockschaltbild zu Kapitel 1 ist der Kanalfrequenzgang HK(f), der in den Kapiteln 1 und 2 stets zu HK(f) = 1 und damit als ideal angenommen wurde.

Im Folgenden gelte für den Frequenzgang und die Impulsantwort des Kanals:

\[H_{\rm K}(f) = {\rm exp} \left[ - a_{{\star} \hspace{0.01cm}({\rm Np})} \cdot \sqrt{\frac{f}{R_{\rm B}/2}}\hspace{0.1cm}\right] \cdot {\rm exp} \left[ - {\rm j} \cdot a_{{\star} \hspace{0.01cm}({\rm Np})} \cdot \sqrt{\frac{f}{R_{\rm B}/2}}\hspace{0.1cm}\right] \hspace{0.05cm}, \] \[h_{\rm K}(t) = \frac{ a_{{\star}\hspace{0.01cm}({\rm Np})}}{ \sqrt{2 \pi^2 \cdot R_{\rm B} \cdot t^3}}\hspace{0.1cm} \cdot {\rm exp} \left[ - \frac{a_{{\star} \hspace{0.01cm}({\rm Np})}^2}{2 \pi \cdot R_{\rm B} \cdot t}\hspace{0.1cm}\right] \hspace{0.05cm}.\]

Hierbei gibt a∗(Np) die charakteristische Kabeldämpfung bei der halben Bitrate in Neper (Np) an:

\[a_{{\star} \hspace{0.01cm}({\rm Np})} = a_{\rm K}(f = {R_{\rm B}}/{2})= 0.1151 \cdot a_{{\star} \hspace{0.01cm}({\rm dB})} \hspace{0.05cm}.\]

Der entsprechende dB–Wert ist um den Faktor 1/0.1151 = 8.686 größer. Bei realisierten Systemen liegt die charakteristische Kabeldämpfung a∗(dB) im Bereich zwischen 40 dB und 100 dB. Auf den Zusatz „(Np)” bzw. „(dB)” wird im Folgenden meist verzichtet.

Im Kapitel 4 des Buches „Lineare zeitinvariante Systeme” wird gezeigt, dass diese Gleichungen die Verhältnisse bei leitungsgebundener Übertragung über Koaxialkabel mit guter Näherung wiedergeben. Bei einer Zweidrahtleitung ist die Abweichung zwischen dieser sehr einfachen, analytisch handhabbaren Formel und den tatsächlichen Gegebenheiten etwas größer.

Eine kurze Zusammenfassung der Herleitungen in Kapitel 4 des Buches „LZI–Systeme” folgt auf den beiden nächsten Seiten, wobei wir uns zur Vereinfachung auf ein redundanzfreies Binärsystem festlegen. Somit ist die Bitrate RB gleich dem Kehrwert der Symboldauer T.


Frequenzgang eines Koaxialkabels (1)


Ein Koaxialkabel mit dem Kerndurchmesser 2.6 mm, dem Außendurchmesser 9.5 mm und der Länge l hat den folgenden Frequenzgang:

\[H_{\rm K}(f) = {\rm exp}\left [ a_{\rm K}(f) + {\rm j} \cdot b_{\rm K}(f) \right ] = {\rm e}^{- \alpha_0 \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} l} \cdot {\rm e}^{- (\alpha_1 + {\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} \beta_1) \hspace{0.05cm}\cdot f \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}l} \cdot {\rm e}^{- (\alpha_2 + {\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} \beta_2) \hspace{0.05cm}\cdot \sqrt{f} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}l} \hspace{0.05cm},\]

wobei bei diesen Abmessungen – man spricht vom Normalkoaxialkabel – folgende Parameter gelten:

\[\alpha_0 = 0.00162 \hspace{0.15cm}\frac {\rm Np}{\rm km} \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \alpha_1 = 0.000435 \hspace{0.15cm}\frac {\rm Np}{{\rm km} \cdot {\rm MHz}} \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} \alpha_2 = 0.2722 \hspace{0.15cm}\frac {\rm Np}{{\rm km} \cdot \sqrt{\rm MHz}} \hspace{0.05cm},\]

\[\beta_1 = 21.78 \hspace{0.15cm}\frac {\rm rad}{{\rm km} \cdot {\rm MHz}} \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} \beta_2 = 0.2722 \hspace{0.15cm}\frac {\rm rad}{{\rm km} \cdot \sqrt{\rm MHz}} \hspace{0.05cm}.\]

In obiger Gleichung sind die Dämpfungsparameter in „Np” einzusetzen, die Phasenparameter in „rad”.

Die Grafik zeigt den Dämpfungsverlauf

\[a_{\rm K}(f) = \alpha_0 \cdot l \hspace{0.05cm} + \hspace{0.05cm} \alpha_1 \cdot f \cdot l + \hspace{0.05cm} \alpha_2 \cdot \sqrt{f} \cdot l \approx \alpha_2 \cdot \sqrt{f} \cdot l\]

für ein Koaxialkabel von einem Kilometer Länge für Frequenzen bis 1000 MHz. Die Achse ist sowohl in dB (links) als auch in Np (rechts) beschriftet. Ein Neper entspricht etwa 8.7 dB.

Dämpfungsverlauf eines Koaxialkabels und Näherung

Die ausführliche Bildbeschreibung folgt auf der nächsten Seite.

Bereits an dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass die obige Näherung

\[a_{\rm K}(f) \approx \alpha_2 \cdot \sqrt{f} \cdot l\]

nur für Koaxialkabel zulässig ist. Bei diesen können die Koeffizienten α0 ≈ 0 und α1 ≈ 0 vernachlässigt werden. Für eine symmetrische Zweidrahtleitung sind diese Koeffizienten sehr viel gößer und die obige Näherung ist unzulässig.

Genauere Informationen finden Sie im Kapitel 4.3 des Buches „Lineare zeitinvariante Systeme”.

Frequenzgang eines Koaxialkabels (2)


Betrachten wir nochmals die Grafik von eben. Diese zeigt den Dämpfungsverlauf

\[a_{\rm K}(f) = \alpha_0 \cdot l \hspace{0.05cm} + \hspace{0.05cm} \alpha_1 \cdot f \cdot l + \hspace{0.05cm} \alpha_2 \cdot \sqrt{f} \cdot l \approx \alpha_2 \cdot \sqrt{f} \cdot l\]

für ein Koaxialkabel von einem Kilometer Länge für Frequenzen bis 1000 MHz. Die Achse ist sowohl in dB (links) als auch in Np (rechts) beschriftet. Ein Neper (Np) entspricht etwa 8.7 dB.

Dämpfungsverlauf eines Koaxialkabels und Näherung

Man erkennt aus diesem Diagramm und den obigen Zahlenwerten:

  • Der von den Ohmschen Verlusten herrührende erste Term (α0 · l) ist vernachlässigbar. Zudem bewirkt er nur eine frequenzunabhängige Dämpfung und keine Signalverzerrung.
  • Der auf die Querverluste zurückzuführende zweite Term ist proportional zur Frequenz und macht sich erst bei sehr hohen Frequenzen bemerkbar; er wird im Folgenden vernachlässigt.
  • Die frequenzproportionale Phase β1 · f · l hat nur eine Signalverzögerung um die Laufzeit β1 · l/2π zur Folge, jedoch keine Verzerrung. Auch diese Laufzeit wird im Folgenden außer Acht gelassen.
  • Mit diesen Vereinfachungen wird somit der Frequenzgang allein durch den Skineffekt bestimmt. Da die Zahlenwerte für α2 (in Np) und β2 (in rad) übereinstimmen, gilt somit auch:
\[H_{\rm K}(f) ={\rm e}^{- (\alpha_2 + {\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} \beta_2) \hspace{0.05cm}\cdot \sqrt{f} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}l} \cdot {\rm e}^{- \alpha_2 \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}l \hspace{0.05cm}\cdot \sqrt{{\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} 2f}} \hspace{0.05cm}.\]
  • Häufig wird in der Literatur – und auch in diesem Tutorial – das Dämpfungsmaß bei der halben Bitrate benutzt, das wir als charakteristische Kabeldämpfung (in Neper) bezeichnen:
\[a_{\star} = a_{\rm K}(f ={R_{\rm B}}/{2})= a_{\rm K}(f = \frac{1}{2 \cdot T})\approx \frac{\alpha_2 \cdot l }{ \sqrt {2\cdot T}} \hspace{0.05cm}.\]
  • Bei einem Binärsystem mit der halben Bitrate RB/2 = 280 Mbit/s und l = 1 km ergibt sich a zu etwa 4.55 Np bzw. 40 dB (grün eingezeichnete Markierungen). Beträgt aber die halbe Bitrate nur <nobr>70 Mbit/s,</nobr> so charakterisiert a = 40 dB ein Übertragungssystem mit der Kabellänge l = 2 km.

Wir verweisen an dieser Stelle auf das Interaktionsmodul   Dämpfung von Kupferkabeln.

Impulsantwort eines Koaxialkabels


Betrachten wir nun die Impulsantwort, die bei einem Binärsystem (RB = 1/T) wie folgt lautet:

\[h_{\rm K}(t) = \frac{ a_{\rm \star \hspace{0.01cm}(Np)}/T}{ \sqrt{2 \pi^2 \cdot (t/T)^3}}\hspace{0.1cm} \cdot {\rm exp} \left[ - \frac{a_{\rm \star \hspace{0.01cm}(Np)}^2}{2 \pi \cdot t/T}\hspace{0.1cm}\right] \hspace{0.05cm}.\]

Dieser Zeitverlauf ist nachfolgend für a = 40 dB, 60 dB, 80 dB und 100 dB dargestellt. Beachten Sie wieder die Umrechnung: 1 Np = 8.686 dB.

Impulsantwort des Koaxialkabels

Man erkennt aus dieser Zeitbereichsdarstellung

  • Bereits mit der relativ kleinen charakteristischen Kabeldämpfung a = 40 dB erstreckt sich die Impulsantwort über mehr als 100 Symboldauern.
  • Je größer a gewählt wird, desto breiter und niedriger wird die Impulsantwort. Das Integral über hK(t) von 0 bis Unendlich ist für alle Kurven gleich, da stets HK(f = 0) = 1 gilt.
  • Der Empfangsgrundimpuls gr(t) = gs(t) ∗ hK(t) ist nahezu formgleich mit hK(t). Die rechte Ordinatenachse zeigt gr(t)/s0, wenn gs(t) ein NRZ–Rechteckimpuls mit Höhe s0 und Dauer T ist.
  • Für a ≥ 60 dB sind hK(t) und gr(t) bei geeigneter Normierung innerhalb der Zeichengenauigkeit nicht zu unterscheiden. Für a = 40 dB erkennt man eine kleine Differenz an der Spitze (gelbe Hinterlegung); gr(t)/s0 ist hier minimal kleiner als T · hK(t).
  • Mit der charakteristischen Dämpfung 40 dB beträgt die Impulsamplitude am Kabelende weniger als 7% der Eingangsamplitude. Bei 60 dB bzw. 100 dB sinkt dieser Wert auf 3% bzw. 1%.

In der Aufgabe A3.1 wird die hier betrachtete Impulsantwort noch eingehend analysiert. Weiterhin verweisen wir auf das folgende Interaktionsmodul: Zeitverhalten von Kupferkabeln

Blockschaltbild und Voraussetzungen für Kapitel 3


Betrachten wir nochmals das Blockschaltbild eines Übertragungssystems mit stark verzerrendem Kanal.

Blockschaltbild eines Systems mit verzerrendem Kanal

Aufgrund des in der Grafik rot hervorgehobenen Kanalfrequenzgangs HK(f) ergeben sich auch für die anderen Systemkomponenten gewisse Einschränkungen:

  • Der Empfangsgrundimpuls gr(t) = gs(t) ∗ hK(t) erstreckt sich über Hunderte von Bits (siehe letzte Seite). Deshalb kann das Empfangsfilter HE(f) nicht als Matched–Filter angesetzt werden, da so die Dauer des Detektionsgrundimpulses gd(t) gegenüber gr(t) nochmals etwa verdoppelt würde.
  • Vielmehr muss HE(f) die enormen Dämpfungsverzerrungen (α2–Term) und Phasenverzerrungen (β2–Term) des koaxialen Kanals HK(f) kompensieren, wenn wie in den Kapiteln 3.1 bis 3.5 von einem einfachen Schwellenwertentscheider ausgegangen wird.
  • Diese lineare Form der Signalentzerrung kann durch aufwändigere Entscheiderstrategien – wie in den Kapiteln 3.6 bis 3.8 (Entscheidungsrückkopplung, Korrelationsempfäger, Viterbi–Empfänger) beschrieben – unterstützt werden. Bei leitungsgebundener Übertragung kann aber aufgrund der sehr starken Verzerrungen auf eine lineare Signalentzerrung nicht vollständig verzichtet werden.
  • Das Rauschen n(t) wird weiterhin als additiv, weiß und gaußverteilt (AWGN) angesetzt, was bei einem Koaxialkabel gerechtfertigt ist. Bei einer Zweidrahtleitung ist das Nebensprechen von benachbarten Kupferadern die dominante Störung, wie im Kapitel ISDN (Integrated Services Digital Network) im Buch „Beispiele von Nachrichtensystemen” ausführlich dargelegt wird.

Zunächst betrachten wir in den Kapiteln 3.2 und 3.3 die binäre bipolare redundanzfreie Übertragung, wobei die Bitrate RB = 1/T beträgt. Dabei wird stets vorausgesetzt:

  • Der Sendegrundimpuls gs(t) ist NRZ–rechteckförmig mit Amplitude s0 und Dauer T. Somit ist das Sendesignal s(t) zu allen Zeiten gleich ±s0. Die Spektralfunktion lautet: Gs(f) = s0 · T · si(π f T).
  • Eine Aufteilung entsprechend der Wurzel–Wurzel–Charakteristik macht bei leitungsgebundener Übertragung keinen Sinn. Es würden bereits beim Sender zu starke Impulsinterferenzen auftreten.

Der Einfluss von Impulsinterferenzen bei mehrstufiger und/oder codierter Digitalsignalübertragung wird im Kapitel 3.4 behandelt.



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