Pulscodemodulation

Aus LNTwww
Wechseln zu:Navigation, Suche

Prinzip und Blockschaltbild (1)

Nahezu alle heute eingesetzten Modulationsverfahren arbeiten digital. Deren Vorteile wurden schon im Kapitel 1.1 aufgeführt. Das erste Konzept zur digitalen Signalübertragung wurde bereits 1938 von Alec Reeves entwickelt und wird seit den 1960er Jahren unter dem Namen Pulscodemodulation (PCM) auch in der Praxis eingesetzt. Auch wenn sich viele der in den letzten Jahren konzipierten digitalen Modulationsverfahren von der PCM im Detail unterscheiden, so eignet sich diese doch sehr gut, um das Prinzip all dieser Verfahren zu erklären.


Blockschaltbild der Pulscodemodulation


Die Aufgabe des PCM–Systems ist es,

  • das analoge Quellensignal q(t) in das Binärsignal qC(t) umzusetzen – diesen Vorgang bezeichnet man auch als A/D–Wandlung,
  • dieses Signal über den Kanal zu übertragen, wobei das empfängerseitige Signal υC(t) wegen des Entscheiders ebenfalls binär ist,
  • schließlich aus dem Binärsignal υC(t) das analoge, wert– und zeitkontinuierliche Sinkensignal υ(t) zu rekonstruieren ⇒ D/A–Wandlung.

Prinzip und Blockschaltbild (2)

Blockschaltbild der Pulscodemodulation


Weiterhin ist zum obigen PCM–Blockschaltbild anzumerken:


  • Der PCM–Sender (bzw. der A/D–Wandler) setzt sich aus den drei Funktionsblöcken Abtastung – Quantisierung – PCM–Codierung zusammen, die in den nächsten Abschnitten noch im Detail beschrieben werden.


  • Der grau hinterlegte Block zeigt das digitale Übertragungssystem mit digitalem Sender und Empfänger (letzterer beinhaltet auch einen Entscheider), sowie dem analogen Übertragungskanal, gekennzeichnet durch den Frequenzgang HK(f) und die Rauschleistungsdichte Φn(f).


  • Dieser Block wird in den ersten drei Kapiteln des Buches „Digitalsignalübertragung” eingehend behandelt. Im Kapitel 5 des gleichen Buches finden Sie auch digitale Kanalmodelle, die das Übertragungsverhalten anhand der Binärsignale qC(t) und υC(t) phänomenologisch beschreiben.


  • Weiter erkennt man aus dem Blockschaltbild, dass es für die Quantisierung empfängerseitig keine Entsprechung gibt. Deshalb wird sich auch bei fehlerfreier Übertragung, also für υC(t)=qC(t), das analoge Sinkensignal υ(t) vom Quellensignal q(t) unterscheiden.


  • Als Maß für die Qualität des (digitalen) Übertragungssystems verwenden wir das Sinken–SNR als der Quotient der Leistungen von Nutzsignal q(t) und Fehlersignal ε(t)=υ(t)q(t):

ρv=PqPεmitPq=¯q(t)2,Pε=¯[v(t)q(t)]2.


  • Hierbei ist ideale Amplitudenanpassung vorausgesetzt, so dass im Idealfall (das heißt: Abtastung gemäß dem Abtasttheorem, bestmögliche Signalrekonstruktion, unendlich feine Quantisierung) das Sinkensignal υ(t) mit dem Quellensignal q(t) exakt übereinstimmen würde.


Wir möchten Sie bereits hier auf das 3–teilige Lernvideo Pulscodemodulation (Gesamtdauer 46:45) hinweisen, dass alle Aspekte der PCM beinhaltet. Das Prinzip wird im ersten Teil ausführlich erläutert.

Abtastung und Signalrekonstruktion (1)

Die Abtastung – also die Zeitdiskretisierung des Analogsignals q(t) – wurde im Kapitel 5.1 des Buches „Signaldarstellung” ausführlich behandelt. Hier folgt eine Kurzzusammenfassung dieses Abschnitts.


Zeitbereichsdarstellung der Abtastung


Die Grafik verdeutlicht die Abtastung im Zeitbereich. Das (blaue) Signal q(t) ist zeitkontinuierlich und das im Abstand TA abgetastete (grüne) Signal qA(t) zeitdiskret. Dabei gilt:

  • Die Abtastung lässt sich durch die Multiplikation des Analogsignals q(t) mit dem Diracpuls pδ(t) darstellen, der sich auf den Zeitbereich bezieht:

qA(t)=q(t)pδ(t)mitpδ(t)=ν=TAδ(tνTA).

  • Das Gewicht der Diracfunktion bei t=ν·TA ist gleich TA·q(ν·TA). Da die Diracfunktion δ(t) die Einheit 1/s aufweist, hat somit qA(t) die gleiche Einheit wie q(t), zum Beispiel „V”.
  • Die Fouriertransformierte des Diracpulses ist ebenfalls ein Diracpuls (im Frequenzbereich), wobei der Abstand der einzelnen Diraclinien fA=1/TA beträgt. Alle Impulsgewichte von Pδ(f) sind 1:

pδ(t)=+ν=TAδ(tνTA)Pδ(f)=+μ=δ(fμfA).

  • Das Spektrum QA(f) des abgetasteten Signals ergibt sich aus dem Faltungssatz, wobei Q(f) das kontinuierliche Spektrum des Analogsignals q(t) bezeichnet:

QA(f)=Q(f)Pδ(f)=+μ=Q(fμfA).


Diese Gleichungen werden im nächsten Abschnitt durch ein Beispiel verdeutlicht.

Wir weisen Sie hier auf den zweiten Teil des Lernvideos Pulscodemodulation (Dauer 12:53) hin, das die Abtastung und die Signalrekonstruktion systemtheoretisch erklärt.

Abtastung und Signalrekonstruktion (2)

Die obere Grafik zeigt schematisch das Spektrum Q(f) eines analogen Quellensignals q(t), das Frequenzen bis fN,max= 5 kHz beinhaltet. Tastet man das Signal mit der Abtastrate fA= 20 kHz (also im jeweiligen Abstand TA= 50 μs) ab, so erhält man das grün skizzierte periodische Spektrum QA(f). Da die Diracfunktionen unendlich schmal sind, beinhaltet qA(t) auch beliebig hochfrequente Anteile und dementsprechend ist QA(f) bis ins Unendliche ausgedehnt (mittlere Grafik). Darunter (rot) gezeichnet ist das Spektrum QA(f) für die Abtastparameter TA= 100 μs ⇒ fA= 10 kHz.


Periodische Fortsetzung des Spektrums durch Abtastung



Aus diesem Beispiel lassen sich folgende wichtige Erkenntnisse bezüglich der Abtastung gewinnen:

  • Beinhaltet Q(f) Frequenzen bis fN,max, so muss die Abtastrate fA2·fN,max gewählt werden ⇒ Abtasttheorem. Bei kleinerer Abtastrate fA (also größerem Abtastabstand TA) kommt es zu Überlappungen der periodifizierten Spektren und damit zu irreversiblen Verzerrungen.
  • Gilt exakt fA=2·fN,max wie in der unteren Grafik des obigen Beispiels, so kann Q(f) aus QA(f) – bzw. im PCM–System V(f) aus VQ(f) – durch einen idealen rechteckförmigen Tiefpass H(f) mit der Grenzfrequenz fG=fA/2 vollständig rekonstruiert werden.
  • Erfolgt dagegen die Abtastung mit fA>2·fN,max wie in der mittleren Grafik des Beispiels, so kann empfängerseitig zur Signalrekonstruktion auch ein Tiefpass H(f) mit kleinerer Flankensteilheit verwendet werden, solange die folgende Bedingung erfüllt ist:

H(f)={10f¨urf¨ur|f|fN,max,|f|fAfN,max.

Natürliche und diskrete Abtastung (1)

Die Multiplikation mit dem Diracpuls liefert nur eine idealisierte Beschreibung der Abtastung, da eine Diracfunktion (Dauer TR0, Höhe 1/TR) nicht realisierbar ist. In der Praxis muss der Diracpuls pδ(t) zum Beispiel durch einen Rechteckpuls pR(t)=+ν=gR(tνTA)mitgR(t)={11/20f¨urf¨urf¨ur|t|<TR/2,|t|=TR/2,|t|>TR/2

ersetzt werden, wobei die Rechteckimpulsdauer TR deutlich kleiner als der Abtastabstand TA sein sollte.


Rechteckpuls, natürliche und diskrete Abtastung


Die Grafik zeigt oben den Rechteckpuls pR(t). Darunter sind zwei verschiedene Abtastverfahren mit diesem Rechteckpuls dargestellt:

  • Bei der natürlichen Abtastung ergibt sich das abgetastete Signal qA(t) durch die Multiplikation von q(t) mit pR(t). In den Bereichen pR(t)= 1 hat somit qA(t) den gleichen Verlauf wie q(t).
  • Dagegen wird bei der diskreten Abtastung das analoge Signal q(t) – zumindest gedanklich – zuerst mit dem Diracpuls pδ(t) multipliziert und danach wird jeder Diracimpuls TA·δ(tν·TA) durch einen Rechteckimpuls gR(tν·TA) ersetzt.


Hier und bei der im nächsten Abschnitt folgenden Frequenzbereichsbetrachtung ist zur Vereinfachung eine akausale Beschreibungsform gewählt. Für eine (kausale) Realisierung müsste gR(t)= 1 im Bereich von 0 bis TR gelten, und nicht wie hier für  TR/2<t<TR/2.

Natürliche und diskrete Abtastung (2)

Die natürliche Abtastung lässt sich mit dem Faltungssatz im Spektralbereich wie folgt darstellen: qA(t)=pR(t)q(t)=[1TApδ(t)gR(t)]q(t)

QA(f)=[Pδ(f)1TAGR(f)]Q(f)=PR(f)Q(f).


Die Grafik zeigt das Ergebnis für

  • ein rechteckförmiges Spektrum Q(f)=Q0, das auf den Bereich |f| 4 kHz begrenzt ist,
  • die Abtastrate fA= 10 kHz ⇒ TA= 100 μs sowie
  • die Rechteckimpulsdauer TR= 25 μs ⇒ TR/TA= 0.25.


Spektrum bei natürlicher Abtastung


Man erkennt aus dieser Darstellung:

  • Das Spektrum PR(f) ist im Gegensatz zu Pδ(f) kein Diracpuls (alle Gewichte gleich 1), sondern die Impulsgewichte sind hier mit der Funktion GR(f)/TA=TR/TA·si(πfTR) bewertet. Auf Grund der Nullstelle der si–Funktion verschwinden die Diraclinien bei ±4fA vollständig.
  • Das Spektrum QA(f) ergibt sich aus der Faltung mit Q(f). Das Rechteckspektrum um f= 0 hat die Höhe TR/TA·Q0, die Anteile um μ·fA(μ0) sind weniger hoch.
  • Verwendet man zur Signalrekonstruktion einen idealen, rechteckförmigen Tiefpass

H(f)={TA/TR=40f¨urf¨ur|f|<fA/2,|f|>fA/2,

so gilt für das Ausgangsspektrum V(f)=Q(f) und dementsprechend ist auch υ(t)=q(t).


Dieses Ergebnis kann wie folgt zusammengefasst werden:

  • Bei natürlicher Abtastung kann zur Signalrekonstruktion wie bei der idealen Abtastung (mit einem Diracpuls) ein idealer rechteckförmiger Tiefpass verwendet werden.
  • Allerdings muss zur Amplitudenanpassung im Durchlassbereich eine Verstärkung um den Faktor TA/TR berücksichtigt werden.

Natürliche und diskrete Abtastung (3)

Bei der diskreten Abtastung erfolgt – zumindest gedanklich – zunächst die Multiplikation des Diracpulses pδ(t) mit dem Quellensignal q(t) und erst danach die Faltung mit dem Rechteckimpuls gR(t): qA(t)=[1TApδ(t)q(t)]gR(t)QA(f)=[Pδ(f)Q(f)]GR(f)/TA.

Es ist unerheblich, aber durchaus zweckmäßig, dass hier der Faktor 1/TA zur Bewertungsfunktion GR(f) hinzugefügt wurde. Damit gilt wieder GR(f)/TA=TR/TA·si(πfTR).


Spektrum bei diskreter Abtastung


Die obere Grafik zeigt die Spektralfunktion Pδ(f)Q(f) nach idealer Abtastung. Bei diskreter Abtastung mit einem Rechteckpuls ergibt sich dagegen das Spektrum QA(f) entsprechend dem unteren Diagramm. Man erkennt:

  • Jedes der unendlich vielen Teilspektren hat nun eine andere Form. Wichtig ist allerdings nur das Spektrum mit der Mitte bei der Frequenz f= 0, da alle anderen Spektralanteile empfängerseitig durch den Tiefpass der Signalrekonstruktion entfernt werden.
  • Verwendet man für diesen Tiefpass wieder ein Rechteckfilter mit der Verstärkung um TA/TR im Durchlassbereich, so erhält man für das Ausgangsspektrum:

V(f)=Q(f)si(πfTR).

  • Das bedeutet: Bei diskreter Abtastung und Rechteckfilterung kommt es zu Dämpfungsverzerrungen entsprechend der Bewertungsfunktion si(πfTR). Diese sind um so stärker, je größer TR ist. Nur im Grenzfall TR0 gilt si(πfTR)= 1.
  • Allerdings können durch eine ideale Entzerrung diese linearen Dämpfungsverzerrungen vollständig kompensiert werden. Mit

H(f)={(TA/TR)/si(πfTR)0f¨urf¨ur|f|<fA/2,|f|>fA/2

erhält man V(f)=Q(f) bzw. υ(t)=q(t).