Aufgabe 3.15: Data Processing Theorem
Wir betrachten die folgende Datenverarbeitungskette:
- Binäre Eingangsdaten X werden durch den Prozessor 1 (obere Hälfte in der Grafik) verarbeitet, der durch bedingte Wahrscheinlichkeiten ⇒ PY|X(⋅) beschreibbar ist. Dessen Ausgangsgröße ist Y.
- Ein zweiter Prozessor mit der Zufallsgröße Y am Eingang und der Zufallsgröße Z am Ausgang ist durch PZ|Y(⋅) gegeben (untere Hälfte in der Grafik). Z hängt allein von Y ab (entweder deterministisch oder stochastisch) und ist unabhängig von X:
- PZ|XY(z|x,y)=PZ|Y(z|y).
Hierbei wurde folgende Nomenklatur benutzt:
- x∈X={0,1},y∈Y={0,1},z∈Z={0,1}.
Die Verbund–Wahrscheinlichkeitsfunktion (englisch: Joint Probability Mass Function) lautet:
- PXYZ(x,y,z)=PX(x)⋅PY|X(y|x)⋅PZ|Y(z|y).
Das bedeutet auch:
X→Y→Z bilden eine Markovkette. Für eine solche gilt das Data Processing Theorem mit folgender Konsequenz:
- I(X;Z)≤I(X;Y),
- I(X;Z)≤I(Y;Z).
Das Theorem besagt somit:
- Man kann durch Manipulation (Processing) der Daten Y keine zusätzliche Information über den Eingang X gewinnen.
- Datenverarbeitung (durch den Prozessor 2) dient nur dem Zweck, die in X enthaltene Information besser sichtbar zu machen.
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Kapitel Anwendung auf die Digitalsignalübertragung.
- Bezug genommen wird auch auf die Seite Kettenregel der Transinformation im vorherigen Kapitel.
Fragebogen
Musterlösung
- Beide Prozessoren beschreiben streng symmetrische Kanäle ⇒ sowohl gleichmäßig dispersiv als auch gleichmäßig fokussierend. Für einen solchen Binärkanal gilt mit Y={0,1} ⇒ |Y|=2:
- I(X;Y)=1+∑y∈YPY∣X(y|x)⋅log2PY∣X(y|x).
- Hierbei ist es völlig egal, ob man von X=0 oder von X=1 ausgeht. Für X=0 erhält man mit PY|X(Y=1|X=0)=p und P_{Y|X}(Y = 0|X = 0) = 1 – p\hspace{0.05cm}:
- I(X;Y) = 1 + p \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} (p) + (1-p) \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} (1-p) = 1 - H_{\rm bin}(p)\hspace{0.05cm}, \hspace{1.0cm}H_{\rm bin}(p)= p \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{1}{p}+ (1-p) \cdot {\rm log}_2 \hspace{0.1cm} \frac{1}{1-p}\hspace{0.05cm}.
- Das Ergebnis gilt allerdings nur für P_X(X) = [0.5, 0.5] ⇒ maximale Transinformation ⇒ Kanalkapazität.
- Andernfalls ist I(X; Y) kleiner. Beispielsweise gilt für P_X(X) = [1, 0]: H(X) = 0 ⇒ I(X; Y) = 0.
- Die binäre Entropiefunktion ist zwar konkav, aber diese Eigenschaft wurde bei der Herleitung nicht benutzt ⇒ Antwort 2 ist falsch.
(2) Für den Prozessor 1 ergibt sich mit p = 0.1\hspace{0.05cm}:
- I(X;Y) = 1 - H_{\rm bin}(0.1) = 1 - 0.469 \hspace{0.15cm} \underline {=0.531 \,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm}.
(3) Entsprechend gilt für den zweiten Prozessor mit q = 0.2\hspace{0.05cm}:
- I(Y;Z) = 1 - H_{\rm bin}(0.2) = 1 - 0.722 \hspace{0.15cm} \underline {=0.278 \,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm}.
(4) Die Wahrscheinlichkeit für Z = 0 unter der Bedingung X = 0 ergibt sich über zwei Wege zu
- P(\hspace{0.01cm}Z\hspace{-0.05cm} = \hspace{-0.05cm}0 \mid \hspace{0.01cm} X\hspace{-0.05cm} = \hspace{-0.05cm}0) = (1-p) \cdot (1-q) + p \cdot q = 1 - p - q + 2pq \stackrel{!}{=} 1 - \varepsilon \hspace{0.05cm}.
Das Gesamtsystem hat dann die genau gleiche BSC–Struktur wie die Prozessoren 1 und 2, aber nun mit der Verfälschungswahrscheinlichkeit \varepsilon = p + q - 2pq \hspace{0.05cm}. Für p = 0.1 und q = 0.2 erhält man:
- \varepsilon = 0.1 + 0.2 - 2\cdot 0.1 \cdot 0.2 = 0.26 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} I(X;Z) = 1 - H_{\rm bin}(0.26) = 1 - 0.827 \hspace{0.15cm} \underline {=0.173 \,{\rm (bit)}} \hspace{0.05cm}.
(5) Die Antwort ist natürlich JA, da beim Data Processing Theorem genau von den hier gegebenen Voraussetzungen ausgegangen wird. Wir wollen aber zusätzlich einige numerische Ergebnisse auswerten:
- Gilt 0 ≤ p < 0.5 und 0 ≤ q < 0.5, so erhält man:
- \varepsilon \hspace{-0.15cm} =\hspace{-0.15cm} p + q \cdot (1-2p) > p \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} I(X;Z) < I(X;Y) \hspace{0.05cm},
- \varepsilon \hspace{-0.15cm} = \hspace{-0.15cm} q + p \cdot (1-2q) > q \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} I(X;Z) < I(Y;Z) \hspace{0.05cm}.
- Für p = 0.5 gilt unabhängig von q, da I(X; Z) nicht größer sein kann als I(X; Y):
- \varepsilon = 0.5 + q \cdot (1-1) = 0.5 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} I(X;Y) = 0 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} I(X;Z) = 0 \hspace{0.05cm}.
- Ebenso erhält man mit q = 0.5 unabhängig von p:
- \varepsilon = 0.5 + p \cdot (1-1) = 0.5 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} I(Y;Z) = 0 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} I(X;Z) = 0 \hspace{0.05cm}.
- Auch für p < 0.5 und q > 0.5 wird das Data Processing Theorem nicht verletzt, was hier nur an einem Beispiel gezeigt werden soll. Mit p = 0.1 und q = 0.8 erhält man das gleiche Ergebnis wie in Teilaufgabe (4):
- \varepsilon = 0.1 + 0.8 - 2\cdot 0.1 \cdot 0.8 = 0.74 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} I(X;Z) = 1 - H_{\rm bin}(0.74) = 1 - H_{\rm bin}(0.26) =0.173 \,{\rm (bit)} \hspace{0.05cm}.