Pulscodemodulation
Das vierte Kapitel behandelt die digitalen Modulationsverfahren Amplitude Shift Keying (ASK), Phase Shift Keying (PSK) und Frequency Shift Keying (FSK) sowie einige davon abgeleitete Modifikationen. Die meisten der in den beiden letzten Kapiteln genannten Eigenschaften der analogen Modulationsverfahren gelten weiterhin. Unterschiede ergeben sich aus der nun erforderlichen Entscheiderkomponente des Empfängers.
Wir beschränken uns hier im wesentlichen auf die systemtheoretischen und übertragungstechnischen Aspekte. Die Fehlerwahrscheinlichkeit wird nur für ideale Bedingungen angegeben. Die Herleitungen und die Berücksichtigung nichtidealer Randbedingungen finden Sie im Buch „Digitalsignalübertragung”.
Weitere Informationen zum Thema sowie Aufgaben, Simulationen und Programmierübungen finden Sie im Versuch „Digitale Modulationsverfahren” des Praktikums „Simulation Digitaler Übertragungssysteme ”. Diese (ehemalige) LNT-Lehrveranstaltung an der TU München basiert auf
- dem Lehrsoftwarepaket LNTsim ⇒ Link verweist auf die ZIP-Version des Programms und
- der zugehörigen Praktikumsanleitung ⇒ Link verweist auf die PDF-Version.
Das erste Unterkapitel „Pulscodemodulation” ist wie folgt gegliedert:
Inhaltsverzeichnis
- 1 Prinzip und Blockschaltbild
- 2 Abtastung und Signalrekonstruktion
- 3 Abtastung und Signalrekonstruktion
- 4 Natürliche und diskrete Abtastung (1)
- 5 Natürliche und diskrete Abtastung (2)
- 6 Natürliche und diskrete Abtastung (3)
- 7 Quantisierung und Quantisierungsrauschen
- 8 PCM–Codierung und –Decodierung
- 9 Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnis (1)
- 10 Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnis (2)
- 11 Einfluss von Übertragungsfehlern (1)
- 12 Einfluss von Übertragungsfehlern (2)
- 13 Einfluss von Übertragungsfehlern (3)
- 14 Einfluss von Übertragungsfehlern (4)
- 15 Nichtlineare Quantisierung (1)
- 16 Nichtlineare Quantisierung (2)
Prinzip und Blockschaltbild
Nahezu alle heute eingesetzten Modulationsverfahren arbeiten digital. Deren Vorteile wurden schon im Kapitel 1.1 aufgeführt. Das erste Konzept zur digitalen Signalübertragung wurde bereits 1938 von Alec Reeves entwickelt und wird seit den 1960er Jahren unter dem Namen Pulscodemodulation (PCM) auch in der Praxis eingesetzt. Auch wenn sich viele der in den letzten Jahren konzipierten digitalen Modulationsverfahren von der PCM im Detail unterscheiden, so eignet sich diese doch sehr gut, um das Prinzip all dieser Verfahren zu erklären.
Die Aufgabe des PCM–Systems ist es,
- das analoge Quellensignal q(t) in das Binärsignal qC(t) umzusetzen – diesen Vorgang bezeichnet man auch als A/D–Wandlung,
- dieses Signal über den Kanal zu übertragen, wobei das empfängerseitige Signal υC(t) wegen des Entscheiders ebenfalls binär ist,
- schließlich aus dem Binärsignal υC(t) das analoge, wert– und zeitkontinuierliche Sinkensignal υ(t) zu rekonstruieren ⇒ D/A–Wandlung.
Weiterhin ist zum obigen PCM–Blockschaltbild anzumerken:
- Der PCM–Sender (bzw. der A/D–Wandler) setzt sich aus den drei Funktionsblöcken Abtastung – Quantisierung – PCM–Codierung zusammen, die in den nächsten Abschnitten noch im Detail beschrieben werden.
- Der grau hinterlegte Block zeigt das digitale Übertragungssystem mit digitalem Sender und Empfänger (letzterer beinhaltet auch einen Entscheider), sowie dem analogen Übertragungskanal, gekennzeichnet durch den Frequenzgang HK(f) und die Rauschleistungsdichte Φn(f).
- Dieser Block wird in den ersten drei Kapiteln des Buches „Digitalsignalübertragung” eingehend behandelt. Im Kapitel 5 des gleichen Buches finden Sie auch digitale Kanalmodelle, die das Übertragungsverhalten anhand der Binärsignale qC(t) und υC(t) phänomenologisch beschreiben.
- Weiter erkennt man aus dem Blockschaltbild, dass es für die Quantisierung empfängerseitig keine Entsprechung gibt. Deshalb wird sich auch bei fehlerfreier Übertragung, also für υC(t)=qC(t), das analoge Sinkensignal υ(t) vom Quellensignal q(t) unterscheiden.
- Als Maß für die Qualität des (digitalen) Übertragungssystems verwenden wir das Sinken–SNR als der Quotient der Leistungen von Nutzsignal q(t) und Fehlersignal ε(t)=υ(t)–q(t):
ρv=PqPεmitPq=¯q(t)2,Pε=¯[v(t)−q(t)]2.
- Hierbei ist ideale Amplitudenanpassung vorausgesetzt, so dass im Idealfall (das heißt: Abtastung gemäß dem Abtasttheorem, bestmögliche Signalrekonstruktion, unendlich feine Quantisierung) das Sinkensignal υ(t) mit dem Quellensignal q(t) exakt übereinstimmen würde.
Wir möchten Sie bereits hier auf das 3–teilige Lernvideo Pulscodemodulation (Gesamtdauer 46:45) hinweisen, dass alle Aspekte der PCM beinhaltet. Das Prinzip wird im ersten Teil ausführlich erläutert.
Abtastung und Signalrekonstruktion
Die Abtastung – also die Zeitdiskretisierung des Analogsignals q(t) – wurde im Kapitel 5.1 des Buches „Signaldarstellung” ausführlich behandelt. Hier folgt eine Kurzzusammenfassung dieses Abschnitts.
Die Grafik verdeutlicht die Abtastung im Zeitbereich. Das (blaue) Signal q(t) ist zeitkontinuierlich und das im Abstand TA abgetastete (grüne) Signal qA(t) zeitdiskret. Dabei gilt:
- Die Abtastung lässt sich durch die Multiplikation des Analogsignals q(t) mit dem Diracpuls pδ(t) darstellen, der sich auf den Zeitbereich bezieht:
qA(t)=q(t)⋅pδ(t)mitpδ(t)=∞∑ν=−∞TA⋅δ(t−ν⋅TA).
- Das Gewicht der Diracfunktion bei t=ν·TA ist gleich TA·q(ν·TA). Da die Diracfunktion δ(t) die Einheit 1/s aufweist, hat somit qA(t) die gleiche Einheit wie q(t), zum Beispiel „V”.
- Die Fouriertransformierte des Diracpulses ist ebenfalls ein Diracpuls (im Frequenzbereich), wobei der Abstand der einzelnen Diraclinien fA=1/TA beträgt. Alle Impulsgewichte von Pδ(f) sind 1:
pδ(t)=+∞∑ν=−∞TA⋅δ(t−ν⋅TA)∘−−−∙Pδ(f)=+∞∑μ=−∞δ(f−μ⋅fA).
- Das Spektrum QA(f) des abgetasteten Signals ergibt sich aus dem Faltungssatz, wobei Q(f) das kontinuierliche Spektrum des Analogsignals q(t) bezeichnet:
QA(f)=Q(f)⋆Pδ(f)=+∞∑μ=−∞Q(f−μ⋅fA).
Diese Gleichungen werden im nächsten Abschnitt durch ein Beispiel verdeutlicht.
Wir weisen Sie hier auf den zweiten Teil des Lernvideos Pulscodemodulation (Dauer 12:53) hin, das die Abtastung und die Signalrekonstruktion systemtheoretisch erklärt.
Abtastung und Signalrekonstruktion
Die obere Grafik zeigt schematisch das Spektrum Q(f) eines analogen Quellensignals q(t), das Frequenzen bis fN,max= 5 kHz beinhaltet. Tastet man das Signal mit der Abtastrate fA= 20 kHz (also im jeweiligen Abstand TA= 50 μs) ab, so erhält man das grün skizzierte periodische Spektrum QA(f). Da die Diracfunktionen unendlich schmal sind, beinhaltet qA(t) auch beliebig hochfrequente Anteile und dementsprechend ist QA(f) bis ins Unendliche ausgedehnt (mittlere Grafik). Darunter (rot) gezeichnet ist das Spektrum QA(f) für die Abtastparameter TA= 100 μs ⇒ fA= 10 kHz.
Aus diesem Beispiel lassen sich folgende wichtige Erkenntnisse bezüglich der Abtastung gewinnen:
- Beinhaltet Q(f) Frequenzen bis fN,max, so muss die Abtastrate fA≥2·fN,max gewählt werden ⇒ Abtasttheorem. Bei kleinerer Abtastrate fA (also größerem Abtastabstand TA) kommt es zu Überlappungen der periodifizierten Spektren und damit zu irreversiblen Verzerrungen.
- Gilt exakt fA=2·fN,max wie in der unteren Grafik des obigen Beispiels, so kann Q(f) aus QA(f) – bzw. im PCM–System V(f) aus VQ(f) – durch einen idealen rechteckförmigen Tiefpass H(f) mit der Grenzfrequenz fG=fA/2 vollständig rekonstruiert werden.
- Erfolgt dagegen die Abtastung mit fA>2·fN,max wie in der mittleren Grafik des Beispiels, so kann empfängerseitig zur Signalrekonstruktion auch ein Tiefpass H(f) mit kleinerer Flankensteilheit verwendet werden, solange die folgende Bedingung erfüllt ist:
H(f)={10f¨urf¨ur|f|≤fN,max,|f|≥fA−fN,max.
Natürliche und diskrete Abtastung (1)
Die Multiplikation mit dem Diracpuls liefert nur eine idealisierte Beschreibung der Abtastung, da eine Diracfunktion (Dauer TR→0, Höhe 1/TR→∞) nicht realisierbar ist. In der Praxis muss der Diracpuls pδ(t) zum Beispiel durch einen Rechteckpuls pR(t)=+∞∑ν=−∞gR(t−ν⋅TA)mitgR(t)={11/20f¨urf¨urf¨ur|t|<TR/2,|t|=TR/2,|t|>TR/2
Die Grafik zeigt oben den Rechteckpuls pR(t). Darunter sind zwei verschiedene Abtastverfahren mit diesem Rechteckpuls dargestellt:
- Bei der natürlichen Abtastung ergibt sich das abgetastete Signal qA(t) durch die Multiplikation von q(t) mit pR(t). In den Bereichen pR(t)= 1 hat somit qA(t) den gleichen Verlauf wie q(t).
- Dagegen wird bei der diskreten Abtastung das analoge Signal q(t) – zumindest gedanklich – zuerst mit dem Diracpuls pδ(t) multipliziert und danach wird jeder Diracimpuls TA·δ(t–ν·TA) durch einen Rechteckimpuls gR(t–ν·TA) ersetzt.
Hier und bei der im nächsten Abschnitt folgenden Frequenzbereichsbetrachtung ist zur Vereinfachung eine akausale Beschreibungsform gewählt. Für eine (kausale) Realisierung müsste gR(t)= 1 im Bereich von 0 bis TR gelten, und nicht wie hier für –TR/2<t<TR/2.
Natürliche und diskrete Abtastung (2)
Die natürliche Abtastung lässt sich mit dem Faltungssatz im Spektralbereich wie folgt darstellen: qA(t)=pR(t)⋅q(t)=[1TA⋅pδ(t)⋆gR(t)]⋅q(t)
Die Grafik zeigt das Ergebnis für
- ein rechteckförmiges Spektrum Q(f)=Q0, das auf den Bereich |f|≤ 4 kHz begrenzt ist,
- die Abtastrate fA= 10 kHz ⇒ TA= 100 μs sowie
- die Rechteckimpulsdauer TR= 25 μs ⇒ TR/TA= 0.25.
Man erkennt aus dieser Darstellung:
- Das Spektrum PR(f) ist im Gegensatz zu Pδ(f) kein Diracpuls (alle Gewichte gleich 1), sondern die Impulsgewichte sind hier mit der Funktion GR(f)/TA=TR/TA·si(πfTR) bewertet. Auf Grund der Nullstelle der si–Funktion verschwinden die Diraclinien bei ±4fA vollständig.
- Das Spektrum QA(f) ergibt sich aus der Faltung mit Q(f). Das Rechteckspektrum um f= 0 hat die Höhe TR/TA·Q0, die Anteile um μ·fA(μ≠0) sind weniger hoch.
- Verwendet man zur Signalrekonstruktion einen idealen, rechteckförmigen Tiefpass
H(f)={TA/TR=40f¨urf¨ur|f|<fA/2,|f|>fA/2,
- so gilt für das Ausgangsspektrum V(f)=Q(f) und dementsprechend ist auch υ(t)=q(t).
Dieses Ergebnis kann wie folgt zusammengefasst werden:
- Bei natürlicher Abtastung kann zur Signalrekonstruktion wie bei der idealen Abtastung (mit einem Diracpuls) ein idealer rechteckförmiger Tiefpass verwendet werden.
- Allerdings muss zur Amplitudenanpassung im Durchlassbereich eine Verstärkung um den Faktor TA/TR berücksichtigt werden.
Natürliche und diskrete Abtastung (3)
Bei der diskreten Abtastung erfolgt – zumindest gedanklich – zunächst die Multiplikation des Diracpulses pδ(t) mit dem Quellensignal q(t) und erst danach die Faltung mit dem Rechteckimpuls gR(t): qA(t)=[1TA⋅pδ(t)⋅q(t)]⋆gR(t)⇒QA(f)=[Pδ(f)⋆Q(f)]⋅GR(f)/TA.
Die obere Grafik zeigt die Spektralfunktion Pδ(f)⋆Q(f) nach idealer Abtastung. Bei diskreter Abtastung mit einem Rechteckpuls ergibt sich dagegen das Spektrum QA(f) entsprechend dem unteren Diagramm. Man erkennt:
- Jedes der unendlich vielen Teilspektren hat nun eine andere Form. Wichtig ist allerdings nur das Spektrum mit der Mitte bei der Frequenz f= 0, da alle anderen Spektralanteile empfängerseitig durch den Tiefpass der Signalrekonstruktion entfernt werden.
- Verwendet man für diesen Tiefpass wieder ein Rechteckfilter mit der Verstärkung um TA/TR im Durchlassbereich, so erhält man für das Ausgangsspektrum:
V(f)=Q(f)⋅si(πfTR).
- Das bedeutet: Bei diskreter Abtastung und Rechteckfilterung kommt es zu Dämpfungsverzerrungen entsprechend der Bewertungsfunktion si(πfTR). Diese sind um so stärker, je größer TR ist. Nur im Grenzfall TR→0 gilt si(πfTR)= 1.
- Allerdings können durch eine ideale Entzerrung diese linearen Dämpfungsverzerrungen vollständig kompensiert werden. Mit
H(f)={(TA/TR)/si(πfTR)0f¨urf¨ur|f|<fA/2,|f|>fA/2
- erhält man V(f)=Q(f) bzw. υ(t)=q(t).
Quantisierung und Quantisierungsrauschen
Die zweite Funktionseinheit Quantisierung des PCM–Senders dient der Wertediskretisierung. Hierzu wird der gesamte Wertebereich des analogen Quellensignals (zum Beispiel der Bereich ±qmax) in M Intervalle aufgeteilt und jedem Abtastwert qA(ν·TA) wird anschließend ein Repräsentant qQ(ν·TA) des zugehörigen Intervalls (beispielsweise die Intervallmitte) zugewiesen.
Die Grafik verdeutlicht die Quantisierung am Beispiel der Quantisierungsstufenzahl M= 8. Tatsächlich wird für M in der Praxis wegen der anschließenden Binärcodierung stets eine Zweierpotenz gewählt. Jeder der durch Kreise markierten Abtastwerte qA(ν·TA) wird durch den dazugehörigen quantisierten Wert q0(ν·TA) ersetzt. Die quantisierten Werte sind als Kreuze eingetragen.
Dieser Vorgang der Wertdiskretisierung ist allerdings mit einer irreversiblen Verfälschung verbunden. Die Verfälschung εν=qQ(ν·TA) – qA(ν·TA) hängt dabei von der Quantisierungsstufenzahl M ab. Es gilt:
|εν|<1/2⋅2/M⋅qmax=qmax/M.
Zur Berechnung von PQ wird meist die angegebene Näherung der „Spontanquantisierung” verwendet. Wie oben skizziert lässt man dazu die Abtastung außer Betracht und bildet das Fehlersignal aus den beiden zeitkontinuierlichen Signalen qQ(t) und q(t).
Die Quantisierungsrauschleistung hängt auch vom Quellensignal q(t) ab. Unter der Voraussetzung, dass q(t) alle Werte zwischen ±qmax mit gleicher Wahrscheinlichkeit annimmt und der Quantisierer genau für diesen Bereich ausgelegt ist, ergibt sich (siehe Aufgabe A4.4):
PQ=q2max3⋅M2.
PCM–Codierung und –Decodierung
Der Block PCM–Codierung dient der Umsetzung der zeitdiskreten (nach Abtastung) und wertdiskreten (nach Quantisierung mit M Stufen) Signalwerte qQ(ν·TA) in eine Folge von N=ld(M) Binärwerte. Hierbei steht „ld” für den Logarithmus zur Basis 2 ⇒ log2” ⇒ Logarithmus dualis.
In der Grafik ist jeder Binärwert (jedes Bit) durch ein Rechteck der Dauer TB=TA/N dargestellt, woraus sich das Signal qC(t) ergibt. Man erkennt:
- Es wird hier der Dualcode verwendet. Das bedeutet, dass die Quantisierungsintervalle μ von 0 bis M–1 durchnummeriert und anschließend in einfacher Binärform geschrieben werden. Mit M= 8 gilt beispielsweise μ= 6 ⇔ 110.
- Die drei Binärsymbole des codierten Signals qC(t) ergeben sich, wenn man 0 durch L („Low”) und 1 durch H („High”) ersetzt. Im Beispiel erhält man so: HHL HHL LLH LHL HLH LHH.
- Die Bitdauer TB ist hier um den Faktor N=ld(M)= 3 kürzer als der Abtastabstand TA=1/fA, so dass sich die Bitrate zu RB=ld(M)·fA ergibt.
- Verwendet man bei der Decodierung (υC⇒υQ) die gleiche Zuordnung wie bei der Codierung (qQ⇒qC), so gilt υQ(ν·TA)=qQ(ν·TA), falls es zu keinen Übertragungsfehlern kommt.
- Eine Alternative zum Dualcode ist der Graycode, bei dem sich benachbarte Binärwerte nur in einem Bit unterscheiden, zum Beispiel für N= 3:
- μ= 0: LLL, μ= 1: LLH, μ= 2: LHH, μ= 3: LHL,
- μ= 4: HHL, μ= 5: HHH, μ= 6: HLH, μ= 7: HLL.
Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnis (1)
Das digitale Pulscodemodulation (PCM) wird nun den analogen Modulationsverfahren (AM, FM) hinsichtlich des erreichbaren Sinken–SNR ρυ=Pq/Pε bei AWGN–Rauschen vergleichend gegenüber gestellt. Wie in Kapitel 3.3 bezeichnet ξ=αK2·PS/(N0·BNF) die Leistungskenngröße. Der Parameter ξ fasst
- den Kanaldämpfungsfaktor αK (quadratisch),
- die Sendeleistung PS,
- die AWGN–Rauschleistungsdichte N0 sowie
- die Bandbreite BNF des Analogsignals
zusammen. Bei einer harmonischen Schwingung ist die Bandbreite BNF durch die Frequenz fN zu ersetzen.
Die beiden Vergleichskurven AM (Kapitel 2.3) und FM (Kapitel 3.3) lassen sich wie folgt beschreiben:
- ZSB–AM ohne Träger: ρυ=ξ⇒ 10 · lg ρυ= 10 · lg ξ,
- FM mit Modulationsindex η= 3: ρυ= 3/2 η2·ξ= 13.5 · ξ⇒ 10 · lg ρυ= 10 · lg ξ + 11.3 dB.
Die Kurve für das PCM 30/32–System ist wie folgt zu interpretieren:
- Ist die Leistungskenngröße ξ hinreichend groß, so treten keine Übertragungsfehler auf und das Fehlersignal ε(t)=υ(t) – q(t) ist allein auf die Quantisierung zurückzuführen (Pε=PQ).
- Mit der Quantisierungsstufenzahl M=2N gilt dann näherungsweise:
ρv=PqPε=M2=22N⇒10⋅lgρv=20⋅lgM=N⋅6.02dB
- Anzumerken ist, dass die angegebene Gleichung nur für ein sägezahnförmiges Quellensignal exakt gültig ist. Bei cosinusförmigem Quellensignal ist die Abweichung jedoch nicht sehr groß.
- Mit kleiner werdendem ξ (kleinere Sendeleistung oder größere Rauschleistungsdichte) nehmen die Übertragungsfehler zu. Damit wird Pε>PQ und der Sinken–Störabstand wird kleiner.
- Die PCM (mit M= 256) ist den Analogverfahren (AM und FM) nur im unteren und mittleren ξ–Bereich überlegen. Spielen dagegen Übertragungsfehler keine Rolle mehr, so ist durch eine größere Leistungskenngröße keine Verbesserung mehr zu erzielen (horizontaler Kurvenabschnitt).
- Eine Verbesserung bringt dann nur eine Erhöhung von N (Bitanzahl pro Abtastwert) und damit auch die Erhöhung von M=2N (Quantisierungsstufenzahl). Beispielsweise erreicht man bei einer Compact Disc mit dem Parameter N= 16 ⇒ M= 65536 den Wert 10 · lg ρυ= 96.32 dB.
Hinweis: Die näherungsweise Berechnung des SNR für kleine ξ–Werte folgt in den nächsten Abschnitten.
Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnis (2)
Die folgende Grafik zeigt den begrenzenden Einfluss der Quantisierung. Weiß gepunktet eingezeichnet ist das Quellensignal q(t) und grün gepunktet das Sinkensignal υ(t) nach einer PCM mit N= 4 ⇒ M= 16. Die Abtastzeitpunkte sind durch Kreuze markiert. Übertragungsfehler werden vorerst ausgeschlossen und die Abtastung sowie die Signalrekonstruktion sind bestmöglich an das Quellensignal angepasst.
Dieses Bild kann wie folgt interpretiert werden:
- Mit N= 8 ⇒ M= 256 ist das Sinkensignal υ(t) vom Quellensignal q(t) mit dem bloßen Auge nicht zu unterscheiden. Für beide gilt näherungsweise der weiß gepunktete Signalverlauf.
- Am Sinkenstörabstand 10 · lg ρυ= 47.8 dB erkennt man aber, dass das Quantisierungsrauschen (Leistung des Fehlersignals) nur etwa um den Faktor 1.6·10–5 kleiner ist als die Leistung des Quellensignals. Dieses SNR wäre bei einem Sprach– oder Musiksignal schon deutlich hörbar.
- Obwohl das hier betrachtete Quellensignal weder sägezahnförmig noch cosinusförmig verläuft, sondern sich aus mehreren Frequenzanteilen zusammensetzt, weicht die angegebene Näherung ρυ≈M2 ⇒ 10 · lg ρυ= 48.16 dB nur unwesentlich vom tatsächlichen Wert ab.
- Dagegen erkennt man für N= 4 ⇒ M= 16 bereits Abweichungen zwischen dem Sinkensignal (grün markiert) und dem Quellensignal (weiße Markierung), was auch durch den sehr kleinen Störabstand 10 · lg ρυ= 28.2 dB quantitativ zum Ausdruck kommt.
Einfluss von Übertragungsfehlern (1)
Ausgehend vom gleichen Analogsignal q(t) (siehe letzter Abschnitt) und einer linearen Quantisierung mit N=8 Bit ⇒ M= 256 werden nun die Auswirkungen von Übertragungsfehlern anhand des jeweiligen Sinkensignals υ(t) verdeutlicht.
Die weißen Punkte markieren das Quellensignal q(t). Ohne Übertragungsfehler ist das Sinkensignal υ(t) bei Vernachlässigung der Quantisierung genau so groß. Nun wird jeweils genau ein Bit des 5. Abtastwertes q(5·TA)= –0.715 verfälscht, wobei dieser Abtastwert mit LLHLLHLL codiert wurde. Dieser Grafik zugrunde liegt der Dualcode, das heißt, dass das unterste Quantisierungsintervall (μ=0) mit LLLL LLLL und das oberste Intervall (μ=255) mit HHHH HHHH dargestellt wird.
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse dieser Untersuchung. Der angegebene Störabstand 10 · lg ρυ wurde aus dem dargestellten (sehr kurzen) Signalausschnitt der Dauer 10 · TA berechnet. Bei jeweils einem Fehler bei der Übertragung von 10 · 8 = 80 Bit entspricht dies einer Bitfehlerrate von 1.25%.
Einfluss von Übertragungsfehlern (2)
Die in der Grafik und der Tabelle dargestellten Ergebnisse dieser Fehleranalyse (siehe unten) können wie folgt zusammengefasst werden:
- Wird nur das letzte Bit des Binärwortes verfälscht (LSB: Least Significant Bit, LLHLLHLL ⇒ LLHLLHLH), so ist mit dem bloßen Auge kein Unterschied zur fehlerfreien Übertragung zu erkennen (weißer Kurvenzug). Trotzdem wird der Störabstand um 3.5 dB vermindert.
- Ein Übertragungsfehler des viertletzten Bits (grüne Kurve, LLHLLHLL ⇒ LLHLHHLL) führt bereits zu einer deutlich erkennbaren Verfälschung um 8 Quantisierungsintervalle. Das heißt: υ(5TA) – q(5TA)= 8/256 · 2 = 0.0625 und der Störabstand sinkt auf 10 · lg ρυ= 28.2 dB.
- Die rote Kurve zeigt schließlich den Fall, dass das MSB (Most Significant Bit) verfälscht wird: LLHLLHLL ⇒ HLHLLHLL. Dies führt zur Verfälschung υ(5TA) – q(5TA)= 1 (was dem halben Aussteuerbereich entspricht). Der Störabstand beträgt nun nur mehr etwa 4 dB.
- Zu allen Abtastzeitpunkten mit Ausnahme von 5TA stimmt υ(t) bis auf den Quantisierungsfehler mit q(t) exakt überein. Außerhalb der durch gelbe Kreuze markierten Zeitpunkte führt der eine Fehler bei 5TA in einem ausgedehnten Bereich zu starken Abweichungen, was auf die Interpolation mit der si–förmigen Impulsantwort des Rekonstruktionstiefpasses H(f) zurückzuführen ist.
Einfluss von Übertragungsfehlern (3)
Nun soll versucht werden, die SNR–Kurve des PCM–Systems unter Berücksichtigung von Bitfehlern zumindest näherungsweise zu bestimmen. Wir gehen dabei vom folgenden Blockschaltbild aus und setzen weiter voraus:
- Jeder Abtastwert qA(νT) wird mit M Stufen quantisiert und mit N=ld(M) Binärzeichen (Bit) dargestellt. Im Beispiel gilt M= 8 ⇒ N= 3.
- Die Binärdarstellung von qQ(νT) liefert die Amplitudenkoeffizienten ak(k=1,...,N), die durch Bitfehler in die Koeffizienten bk verfälscht werden können. Sowohl ak als auch bk sind ±1.
- Ein Bitfehler (bk≠ak) tritt mit der Wahrscheinlichkeit pB auf. Jedes Bit wird gleichwahrscheinlich verfälscht und in jedem PCM–Wort ist maximal ein Fehler (nur eines der N Bits kann falsch sein).
Aus dem unteren Diagramm ist für N= 3 und die natürliche Binärcodierung (Dualcode) zu erkennen:
- Eine Verfälschung des Koeffizenten a1 verändert den quantisierten Wert qQ(νT) um ±A.
- Eine Verfälschung des Koeffizenten a2 verändert den quantisierten Wert qQ(νT) um ±A/2.
- Eine Verfälschung des Koeffizenten a3 verändert den quantisierten Wert qQ(νT) um ±A/4.
Durch Verallgemeinerung erhält man für die Abweichung εk=υQ(νT) – qQ(νT) unter der Voraussetzung, dass der Amplitudenkoeffizient ak falsch übertragen wurde: εk=−ak⋅A⋅2−k+1.
Nachfolgend wird hieraus die so genannte Fehlerrauschleistung PF=E[εk2] berechnet.
Einfluss von Übertragungsfehlern (4)
Für die so genannte Fehlerrauschleistung erhält man nach Mittelung über alle Verfälschungswerte εk (mit 1≤k≤N) unter Berücksichtigung der Bitfehlerwahrscheinlichkeit pB: PF=E[ε2k]=N∑k=1pB⋅(−ak⋅A⋅2−k+1)2==pB⋅A2⋅N−1∑k=02−2k=pB⋅A2⋅1−2−2N1−2−2≈4/3⋅pB⋅A2.
Hierbei ist die Summenformel der geometrischen Reihe sowie die Näherung 1–2–2N≈1 verwendet. Für N= 8 ⇒ M= 256 beträgt der damit verbundene relative Fehler beispielsweise etwa 10–5.
Ohne Berücksichtigung von Übertragungsfehlern hat sich für das Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnis ρυ=PS/PQ ergeben, wobei bei einem gleichverteilten Quellensignal (zum Beispiel sägezahnförmig) die Signalleistung und die Quantisierungsrauschleistung wie folgt zu berechnen ist:
PS=A23,PQ=A23⋅2−2N.
Die Grafik rechts zeigt den Rauschabstand 10 · lg ρυ in Abhängigkeit der (logarithmierten) Leistungskenngröße ξ=PS/(N0·BNF), wobei BNF die Signalbandbreite angibt. Die konstante Kanaldämpfung sei αK= 1.
Beim optimalen Binärsystem und AWGN–Rauschen gilt aber für die Leistungskenngröße auch ξ=EB/N0 (Energie pro Bit bezogen auf die Rauschleistungsdichte), und die Bitfehlerwahrscheinlichkeit ist dann mit der Gaußschen Fehlerfunktion Q(x) wie folgt gegeben:
pB=Q(√2EB/N0).
Nichtlineare Quantisierung (1)
Häufig werden die Quantisierungsintervalle nicht gleich groß gewählt, sondern man verwendet für den inneren Amplitudenbereich eine feinere Quantisierung als für große Amplituden. Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Bei Audiosignalen werden Verfälschungen der leisen Signalanteile (also Werte in der Nähe der Nulllinie) subjektiv als störender empfunden als eine Beeinträchtigung großer Amplitudenwerte.
- Eine solche ungleichmäßige Quantisierung führt bei einem solchen Musik– oder Sprachsignal auch zu einem größeren Sinkenstörabstand, da hier die Signalamplitude nicht gleichverteilt ist.
Die Grafik zeigt ein Sprachsignal q(t) und dessen Amplitudenverteilung fq(q). Es handelt sich um die sogenannte Laplaceverteilung, die man durch eine kontinuierliche, zweiseitige Exponentialverteilung und eine Diracfunktion δ(q) zur Berücksichtigung der Sprachpausen (magentafarben) annähern kann.
Nur angedeutet ist die nichtlineare Quantisierung, zum Beispiel mittels der 13–Segment–Kennlinie, die in Aufgabe A4.5 genauer beschrieben ist. Die Quantisierungsintervalle werden hierbei zu den Rändern hin abschnittsweise immer breiter. Die häufigeren kleinen Amplituden werden dagegen sehr fein quantisiert.
Nichtlineare Quantisierung (2)
Eine ungleichmäßige Quantisierung kann zum Beispiel dadurch realisiert werden, in dem die abgetasteten Werte qA(ν·TA) zunächst durch eine nichtlineare Kennlinie qK(qA) verformt und die entstehenden Ausgangswerte qK(ν·TA) gleichmäßig quantisiert werden. Damit ergibt sich folgende Signalkette:
Eine solche ungleichmäßige Quantisierung bedeutet:
- Durch die nichtlineare Kennlinie qK(qA) werden kleine Signalwerte verstärkt und große Werte abgeschwächt ⇒ Kompression.
- Diese bewusste Signalverzerrung muss man beim Empfänger durch die Umkehrfunktion υE(υQ) wieder rückgängig machen ⇒ Expandierung.
- Den Gesamtvorgang von sendeseitiger Kompression und empfängerseitiger Expansion nennt man auch Kompandierung.
Für das PCM–System 30/32 wurde von der Comité Consultatif International des Télégraphique et Téléphonique (CCITT) die sogenannte A–Kennlinie empfohlen:
y(x)={1+ln(A⋅x)1+ln(A)A⋅x1+ln(A)−1+ln(−A⋅x)1+ln(A)f¨urf¨urf¨ur1/A≤x≤1,−1/A≤x≤1/A,−1≤x≤−1/A.
Hierbei ist zur Abkürzung x=qA(ν·TA) und y=qK(ν·TA) verwendet. Diese Kennlinie mit dem in der Praxis eingeführten Wert A = 87.56 hat eine sich ständig ändernde Steigung. Nähere Angaben zu dieser Art der ungleichmäßigen Quantisierung finden Sie in der Aufgabe Z4.5.
Hinweis: Im dritten Teil des Lernvideos Pulscodemodulation (Dauer 22:15) werden behandelt:
- die Definition des Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnisses (SNR),
- der Einfluss von Quantisierungsrauschen und Übertragungsfehlern,
- die Unterschiede zwischen linearer und nichtlinearer Quantisierung.