Wird eine Nachrichtenverbindung über Koaxialkabel der Länge l nicht an beiden Enden mit ihrem Wellenwiderstand ZW abgeschlossen, so kommt es stets zu Reflexionen.
Anstelle der Wellendämpfung aW=α⋅l muss man in diesem Fall die Betriebsdämpfung aB betrachten, die hier ohne Frequenzabhängigkeit angegeben wird. Das heißt: Wir betrachten hier stets nur eine einzige Frequenz f0:
- aB=aB(f0)=aW+ln|q1|+ln|q2|+aWWD.
Die vier Anteile – alle mit der Pseudoeinheit „Neper” (Np) – beschreiben folgende Sachverhalte:
- Der erste Summand aW=α⋅l modelliert die Wellendämpfung der sich entlang der Leitung ausbreitenden Welle. Beachten Sie, dass Dämpfungen mit „a” bezeichnet werden, während das Dämpfungsmaß (kilometrische Dämpfung) mit „α” ⇒ sprich: „alpha” gekennzeichnet ist.
- Der zweite Summand gibt die senderseitige Stoßdämpfung an. Dieser Term berücksichtigt den Leistungsverlust durch Reflexionen am Übergang „Sender → Leitung”:
- ln|q1|=lnR1+ZW2⋅√R1⋅ZW.
- In analoger Weise gilt für die empfängerseitige Stoßdämpfung am Leitungsende ⇒ Übergang „Leitung → Empfänger”:
- ln|q2|=lnR2+ZW2⋅√R2⋅ZW.
- Die Wechselwirkungsdämpfung beschreibt die Signaldämpfung durch die Auswirkung einer doppelt reflektierten Welle, die sich dem Nutzsignal konstruktiv oder destruktiv überlagern kann. Für diesen letzten Anteil
- aWWD=ln|1−r1⋅r2⋅e−2⋅γ⋅l|
- verwenden wir in dieser Aufgabe folgende Gleichungen und Nomenklatur:
- aWWD=lnA,A=|1−rα⋅e−j⋅2⋅β⋅l|,rα=r1⋅r2⋅e−2⋅α⋅l,r1=R1−ZWR1+ZW,r2=R2−ZWR2+ZW.
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Kapitel Einige Ergebnisse der Leitungstheorie.
- Wesentliche Informationen finden Sie auf der Seite Einfluss von Reflexionen - Betriebsdämpfung
- Gehen Sie bei numerischen Berechnungen von folgenden Zahlenwerten aus:
- ZW=100Ω,R1=200Ω,R2=1kΩ,l=2km,α=0.1Np/km.
Fragebogen
Musterlösung
- aB=aW=α⋅l=0.1Np/km⋅2km=0.2Np_.
(2) Entsprechend den angegebenen Gleichungen ergibt sich:
- q1=R1+ZW2⋅√R1⋅ZW=200+1002⋅√200⋅100=1.061⇒ln|q1|=0.059Np_,
- q2=R2+ZW2⋅√R2⋅ZW=1000+1002⋅√1000⋅100=1.739⇒ln|q2|=0.553Np_.
(3) Mit den vorgegebenen Beschaltungswiderständen erhält man
- r1=200Ω−100Ω200Ω+100Ω=0.333_,
- r2=1000Ω−100Ω1000Ω+100Ω=0.818_
- ⇒rα=r1⋅r2⋅e−2⋅α⋅l=0.333⋅0.818⋅e−4=0.183_.
(4) Beide Aussagen sind richtig:
- Bei konstruktiver Überlagerung ist aWWD=lnA<0⇒A<1 und minimal.
- Im Gegensatz dazu bewirkt der maximale Wert von A (für den A>1 gilt) eine positive Wechselwirkungsdämpfung, also eine zusätzliche Dämpfung des Nutzsignals aufgrund der destruktiven Überlagerung von hin– und rücklaufender Welle.
(5) In der letzten Teilaufgabe wurde gezeigt, dass konstruktive Überlagerung gleichbedeutend ist mit der Minimierung von
- A=|1−rα⋅e−j⋅2⋅β⋅l|=|1−rα⋅cos(2βl)+j⋅sin(2βl)|=√1−2⋅rα⋅cos(2βl)+rα2⋅cos2(2βl)+rα2⋅sin2(2βl)
- ⇒A=√1+rα2−2⋅rα⋅cos(2βl).
- Das Minimum ergibt sich für
- cos(2βl)=+1⇒2βl=π,2π,3π,...⇒βmin=π(2l)=0.785rad/km_.
- Dagegen kommt es zu destruktiver Überlagerung, falls das Phasenmaß folgende Bedingung erfüllt:
- cos(2βl)=−1⇒2βl=π/2,3π/2,5π/2, ...
(6) Das Argument A=√1+rα2−2⋅rα⋅cos(2βl) kann maximal A=2 werden ⇒ Max [aWWD]=0.693 Np_.
Hierfür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Nicht abgeschlossene Leitung (r1=r2=1),
- kurze Kabellänge, so dass der Term α⋅l nicht wirksam ist (rα=1),
- Phasenverlauf entsprechend der Teilaufgabe (5).